Süddeutsche Zeitung

Abfallentsorgung in München:Der Müll kommt unter die Erde

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Von Thomas Anlauf, München

Hamburg hat sie und Duisburg, in Südeuropa und Skandinavien sind sie seit Jahren ein vertrauter Anblick. Doch in München sind versenkbare Müllcontainer offenbar noch eine mittlere Sensation. Vor einem Gewerbe- und Büroquartier im Münchner Osten steht an diesem verregneten Dienstag Münchens Kommunalreferentin Kristina Frank und schwärmt, wie toll das doch alles aussieht.

Sie meint damit drei graue Klötze, die auf einer metallenen Plattform in einem Hof stehen, jeder der Klötze hat zwei Henkel, einer silbern, einer orange. Im Boden sind riesige Quader aus Metall versenkt. Eine der Blechkisten wird nun von einem Kran vorsichtig über die Köpfe der Zuschauer gehoben, schwebt kurz über dem brandneuen Schwerlaster des Abfallwirtschaftsbetriebs AWM und lässt dann seine Fracht in den orangefarbenen Bauch des Lasters rauschen. So sieht das aus, wenn die Müllabfuhr ihren ersten Unterflurcontainer in München leert.

AWM-Werkleiterin Frank ist begeistert von den Containern. Man könne daran sehen, "dass Müll auch schön aussehen kann, dass Müll nicht stinken muss", und dass die neuen versenkbaren Abfallsysteme gegenüber den herkömmlichen Tonnen "erheblich Platz sparen". Tatsächlich ist das System zumindest an der Oberfläche sehr unscheinbar, obwohl in einem großen Unterflurcontainer der Inhalt von mehr als vier großen 1100-Liter-Restmülltonnen oder von zehn 240-Liter-Bioabfalltonnen Platz hätte. Zudem seien die Kosten für die Entsorgung deutlich günstiger als bei Mülltonnen. Es müssen lediglich zwei Mitarbeiter pro Wagen eingesetzt werden, das umständliche Herumrollen der schweren Mülltonnen erübrigt sich bei dem Unterflur-System.

Das Problem ist aber: In der dicht bebauten Innenstadt und in vielen Wohnanlagen können Unterflurcontainer überhaupt nicht installiert werden, weil schlicht der Platz dafür fehlt. Denn um die versenkten Müllboxen zu leeren, muss der schwere Laster mit seinem Kranaufsatz zu dem Containerstandort in der Wohnanlage gelangen. Auch der AWM räumt ein, dass es in bereits bebauten Gebieten "sehr schwer umzusetzen" sei, die Abfälle im Untergrund verschwinden zu lassen. Kommunalreferentin Kristina Frank macht auch andere städtische Behörden dafür verantwortlich, dass München erst im Jahr 2020 seinen ersten Unterflurcontainer-Standort präsentieren kann. "Wir scheitern häufig an anderen Referaten", sagt Frank. Und so "arbeiten wir uns von Bedenken zu Bedenken".

Es sind aber nicht nur Bedenken, die vom Planungs- oder Baureferat kommen. Gerade in der Innenstadt ist der Untergrund voll mit Leitungen und anderen Sparten. Also kommen vor allem Neubaugebiete oder geräumige und für Lkw erreichbare Quartiere für die versenkbaren Müllcontainer in Frage. Neben dem Gewerbe- und Bürokomplex "Centro Tesoro", in dem die Schwaiger Group als Immobilien-Projektentwicklerin nun erstmals die unterirdischen Mülltonnen testet, stehen bislang stadtweit lediglich zwei Standorte für weitere Unterflurcontainer fest: In der Renatastraße in Neuhausen werden Genossenschaftswohnungen der Post saniert, dort werden in diesem Jahr mehrere Müllstandorte mit Tonnen zu einem Unterflurstandort zusammengelegt. Auch auf dem Gelände der ehemaligen Bayernkaserne mit seinen künftig 15 000 Bewohnern soll eine etwa 1100 Quadratmeter große Fläche für Unterflurcontainer entstehen.

Mehr Standorte für versenkbare Müllcontainer gibt es bislang noch nicht. Aber dafür gibt es einen eigenen neuen Spezial-Lkw, der an diesen drei Orten in München den Restmüll, Papier und Bioabfälle abholt.

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SZ vom 08.01.2020
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