Süddeutsche Zeitung

Investition:Mieter sollen Bau von Luxusvilla finanzieren

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Weil: So ein armer Immobilienunternehmer hat es heutzutage ja auch nicht leicht.

Glosse von Anna Hoben

Auf den Trend des Crowdfundings folgt der Trend des Crowdinvestings. Kraut was? Bei beidem wird auf einer Internetplattform Geld gesammelt, beim Crowdfunding etwa für schwer kranke Kinder, beim Crowdinvesting eher für junge Startups. Und neuerdings auch für Immobilienprojekte. Aktuelles Beispiel aus München: der Bau einer Luxusvilla in Altbogenhausen. Zwei Millionen von 11,2 Millionen Euro Gesamtkosten will der Projektentwickler vom Schwarm finanzieren lassen. Interessierte Anleger könnten sich mit Beträgen ab 500 Euro beteiligen, teilt eine PR-Agentur mit. "Endfällig" erhielten sie dann unschlagbare 6,5 Prozent Zinsen.

Warum eigentlich nicht? Warum nicht den Bau von sechs riesigen Luxuswohnungen in einer Villa unterstützen? Das Konzept ist in etwa so genial wie die Idee von Friedrich Merz, dass die Deutschen Aktien kaufen sollen, um Altersarmut vorzubeugen. Crowdinvesting, die Lösung für den geplagten Mieter, der sich das Wohnen in München nicht mehr leisten kann, weil sein Haus luxussaniert wird, das eigene Gehalt aber nicht?

Mit Crowdinvesting kann er zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Er übernimmt quasi - zusammen mit anderen Kleininvestoren - eine Patenschaft für einen armen Immobilienunternehmer, der es heutzutage auch nicht leicht hat. Bauen ist schließlich so teuer geworden! Dem Schwarm sei Dank muss seine Firma weniger Kredit aufnehmen. Und die Zinsen, die der Kleininvestor bekommt, also irgendwann, vielleicht, kann er als Mietzuschuss für sich selbst hernehmen.

Wie vertrauenswürdig das Luxusvillenprojekt in Altbogenhausen ist, erklärt der Projektentwickler in einem Video auf der Sammelplattform. Es gebe "etliche Interessenten, die darauf lauern, kaufen zu können". Und mit der Baugenehmigung rechne man auch schon Anfang nächsten Jahres. Wie bei einer Zigarettenwerbung steht am unteren Bildrand trotzdem die ganze Zeit über eine Warnung: "Der Erwerb dieser Vermögensanlage ist mit erheblichen Risiken verbunden und kann zum vollständigen Verlust des eingesetzten Vermögens führen." Was soll's. Die Zahlen geben dem Crowdinvesting recht: Nach nur 24 Stunden sind 1,2 Millionen Euro zusammengekommen.

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Quelle:
SZ vom 06.12.2018
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