Süddeutsche Zeitung

Konzert in München:Liebe geben, Spaß haben und mit Freunden Schnitzel essen

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Der US-Rapstar Macklemore beweist in der Olympiahalle wieder einmal, dass er der größte Partymeister des Hip-Hop ist.

Von Michael Zirnstein

Es ist eine Gabe, Menschen den Moment ihres Lebens zu schenken. Macklemore hat sie. Man sieht es an Anna. Anna weint. Vor Glück. Anna Matuszewski ist eine von den beiden Macklorettes, Macklemores Tänzerinnen. Sie feiert heute ihren 28. Geburtstag und wünscht sich nichts weiter, "als dass ihr mit eurem lustigen deutschen Akzent Happy Birthday für sie singt", sagt ihr Chef zum Münchner Publikum. So weit, so schön, auch der Gesang der 12 000.

Und dann setzt die Macklemore-Magie ein. Ben, wie er mit Vornamen und wie auch seine aktuelle Platte heißt, hört einfach nicht auf, er kann ja nie aufhören zu reden, deswegen braucht er für 14 dreiminütige Songs auch zwei Stunden, er erzählt also, wie Anna schon vor elf Jahren sein erstes Video zu "And We Danced" choreografierte (sie haben es zuvor in der Show mit all den ulkigen Sex-Moves und dem Halligalli, leider ohne Pferd, nachgespielt), wie sie sein Dance-Captain wurde, wie sie zusammen an Orte reisten, die sie nie glaubten kennenzulernen, wie er jetzt Gänsehaut habe. Alle haben jetzt Gänsehaut.

Macklemore feiert seine Leute. Auch Tones And I. Die Sängerin sei die lustigste Frau der Welt, sagt er, und die großzügigste: "Mensch, Sie hat einen ganzen Chor aus Australien mitgebracht!" Ihr Vorprogramm war eine Offenbarung, eine schräge Gospelmesse. Vielleicht der einzige Fehler Macklemores an diesem Abend ist es, nach der Offenbarung mit ihrem Welthit "Dance Monkey" die Saallichter einschalten und die Stimmung ausgehen zu lassen.

Erst eine halbe Stunde später geht er auf die Bühne - und singt mit Tones And I ihre gemeinsame "Fighter"-Hymne "Chant" vom Album "Ben". Von da an ist der 39-jährige Charmebolzen mit Heino-blondem Haar, mit Zauberermantel, mit weißem Leibchen, mit Discojacke wieder mal der größte Zeremonienmeister des Hip-Hop. Eines Hip-Hops auch für Leute, die gar keinen Hip-Hop mögen, sondern einfach feiern - mit Publikums-Dance-off-Contest, T-Shirts-in-die-Menge-Golfen, Flammenwerfern und Wasserspritzen (zum neuen Sommerhit "No Bad Days").

Mit seiner Multikulti-Gang zelebriert Macklemore natürlich seine inzwischen milliardenfach geklickten Hits von der Studenten-WG-Lieblingsplatte "The Heist" wie "Thrift Shop" oder "Cant' Hold Us". Aber nie überproduziert, immer noch College-Party-mäßig, zwei echte Bläser reichen für den Extra-Kick Echtheit. Eher als Beilage serviert der gute Junge aus Seattle seine Drogenbeichte ("Otherwise"), seine Kritik an Konsum- und Status-Sucht ("Heroes", "Wing$"). Im Konzert zählt Glück allein: "Jeder sollte verfickt noch mal lieben dürfen, wen er lieben will!", skandiert er nach der Regenbogen-Hymne "Same Love".

Liebe geben, Spaß haben und mit seinen Freunden Schnitzel essen, darum gehe es im Leben, mahnt Macklemore. Am Ende, als die Gang abgegangen ist, steht er immer noch im Schnipselregen: "Nur das Konfetti und ich", ruft er ergriffen, und man will ihm gerne glauben, dass das der größte Moment seines Lebens ist.

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