Süddeutsche Zeitung

LMU München:Ein Blog, der Unmut auslöst

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Der LMU-Professor Michael Meyen bietet im Internet fragwürdigen Ansichten ein Forum. Den Verschwörungstheoretiker Ken Jebsen habe er als professionellen Journalisten* kennengelernt.
*In einer vorherigen Version des Teasers wurde diese Aussage als wörtliches Zitat gekennzeichnet. Das ist nicht korrekt. Michael Meyen hat Ken Jebsen nicht wörtlich als professionellen Journalisten bezeichnet. Die im Blog von Michael Meyen veröffentlichten Äußerungen entsprechen aber dieser Einschätzung.

Von Sebastian Krass

Michael Meyen ist Professor für Kommunikationswissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) und Sprecher des bayernweiten Forschungsprojekts "For Democracy", in dem es um die Zukunft der Demokratie geht. Meyen gibt aber auch dem Verschwörungstheoretiker Ken Jebsen Interviews, und er betreibt den Blog "Medienrealität", der fragwürdige Thesen verbreitet.

Der Ärger über Meyens Wirken köchelt schon länger im Institut für Kommunikationswissenschaft (IfKW), am Montag hat sich die Leitung erstmals öffentlich distanziert: Der Blog sei "eine private Initiative von Prof. Meyen", heißt es in einer Stellungnahme. Man lege "Wert auf die Feststellung", dass die dort "geäußerten Positionen nicht die Meinung des IfKW als Institution widerspiegeln". Man habe "keine Möglichkeit, auf die Inhalte Einfluss zu nehmen". Denn dem stehen die Meinungs- und die Wissenschaftsfreiheit entgegen.

Auslöser für die Stellungnahme war kein Beitrag Meyens, sondern seines Mitarbeiters Alexis Mirbach. Unter der Überschrift "Was ich von Ken Jebsen gelernt habe" erklärt Mirbach etwa, er habe von dem ehemaligen RBB-Journalisten Jebsen, der inzwischen einen reichweitenstarken Youtube-Kanal betreibt, in dessen Beitrag "Gates kapert Deutschland" erfahren, dass die WHO "von Bill und Melinda Gates kontrolliert wird". Jebsen, der sich in seinen Videos immer wieder antisemitischer Klischees bedient, habe ihm viele Zusammenhänge erschlossen, die er im ZDF, bei der Bild-Zeitung und in der SZ nicht erfahren habe, schreibt Mirbach. Er arbeitet ebenfalls für das Projekt "For Democracy", an dem Forscher aus acht Hochschulen beteiligt sind und das zur "Bayerischen Forschungsallianz" des Freistaats gehört.

Der Twitter-Nutzer Christopher Klein veröffentlichte am Wochenende eine Kritik an Mirbachs Beitrag und fragte, warum ein solcher Text auf einer Seite erscheinen könne, die im Impressum als Verantwortlichen Michael Meyen mit der Adresse seines Büros in der LMU nennt. "Es gibt dort eine ganze Reihe an Beiträgen, mit denen viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei uns nicht glücklich sind - auch weil sie das Gefühl haben, da gezwungenermaßen mit im Boot zu sitzen", erklärt dazu IfKW-Direktor Carsten Reinemann am Telefon.

Michael Meyen nimmt sich am Montag ebenfalls Zeit für ein Telefonat. Auf die Frage, ob er den Blog als Lehrstuhlinhaber oder als Privatperson betreibe, antwortet Meyen, er könne die Unterscheidung nicht nachvollziehen: "Es ist ein Widerspruch in sich, privat zu bloggen." Genauer zum Inhalt von Mirbachs Text äußern will er sich nicht, genauso wenig dazu, wie seine Position zu Ken Jebsen ist. Das könne man in seinem Blog nachlesen. Unter der Überschrift "Ken Jebsen und das Establishment" schreibt Meyen dort von der Kritik, die er von Freunden und Kollegen nach einem Auftritt bei Jebsen geerntet habe. Er habe Jebsen als professionellen Journalisten erlebt. Weiter schreibt Meyen, dass "das Establishment (...) Kampagnen gegen Fake News, Hate Speech, Verschwörungstheorien" fahre. Mit diesen Begriffen, so sagte er in einem Interview mit der Online-Plattform "Telepolis", wollten die "Mächtigen" die Kommunikation im Internet "kontrollieren".

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SZ vom 26.05.2020
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