Süddeutsche Zeitung

Literatur digital:Da lacht die coole Lola

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Das Literaturportal Bayern feiert zehnjähriges Bestehen - und will künftig verstärkt auch jüngere User anziehen.

Von Antje Weber, München

"Hi, ich bin Lola Montez!" So begrüßt das Konterfei der einstigen Tänzerin und Königs-Geliebten die Netz-Gemeinde. Ein paar Infos und Bilder mehr, untermalt vom Gesang von Lulilectric ("Weil ich ein Mädchen bin") - und dann ist eines der ersten beiden TikTok-Videos, mit denen das Literaturportal Bayern die User zum zehnjährigen Bestehen beschenkt, auch schon wieder vorbei. Die Minivideos sind zunächst nur auf dessen Webseite zu finden sowie auf einem neuen TikTok-Kanal names "Bavarikon" der Bayerischen Staatsbibliothek; ein eigener TikTok-Kanal des Literaturportals ist erst in Planung.

"Experimentieren sollte man durchaus in diesem Feld", so hatte beim Geburtstagsfest, in der vergangenen Woche in der Staatsbibliothek ausgerichtet, jedenfalls Generaldirektor Klaus Ceynowa die Videopräsentation eingeleitet. Das Feld, das vom Literaturportal Bayern bestellt wird, ist ja eine rein digitale Welt, die sich mehr und mehr ausdehnt - Tausende von Autorenporträts, Rezensionen oder Veranstaltungen sind beim Portal abrufbar, derzeit 1600 Nachlässe und 400 Institutionen verzeichnet, bei rund zwei Millionen Seitenaufrufen im Jahr. Dennoch: "Welche Zielgruppen sollten wir erreichen?", grübelt der Chef der Stabi, die das Literaturportal redaktionell und technisch betreibt. Als erste Antwort denkt man offensichtlich an eine Verjüngung: mit "unterhaltsamen Podcasts" und eben TikToks für die "nicht nur hochkulturaffine Zielgruppe unter 20", die insbesondere auch auf dem neuen "Bavarikon"-Kanal der Stabi bedient werden soll.

Kunstminister Markus Blume gratuliert - mit süffisantem Unterton

Das mag etwas verwirrend wirken auf Menschen über 20, die bisher weder die letzten Verästelungen dieser Institution noch des Internets durchdrungen haben. Ob man in der Stabi, die Kunstminister Markus Blume in einer Festrede als "Leuchtturmeinrichtung" pries, für solche Verjüngungsaktionen das richtige Händchen hat - beziehungsweise genügend Hände, bei nur anderthalb festen Redakteursstellen etwa beim Literaturportal? Auch Blume, dessen Ministerium als "Muse und Mäzen" fungiert, schien sich da nach der Präsentation der Spaß-Videos nicht ganz sicher zu sein. Er hatte bezüglich TikTok bei seinen Kindern nachgefragt, "bei denen hörte sich das anders an - aber egal, Sie machen was". Immerhin, so fügte er süffisant hinzu, gehöre es auf dieser Plattform ja dazu, "sich zum Affen zu machen - ich habe gesehen, dass Sie das schon gemacht haben".

Wie sehr man dem Affen Zucker geben sollte, darüber lässt sich nun auf vielen Kanälen diskutieren. Man kann jedenfalls nur wünschen, dass das Literaturportal im weiten digitalen Raum selbstbewusst seinen Weg findet - und weiter experimentiert, ohne sich anzubiedern. Denn diese Plattform, das muss zum Zehnjährigen mal wieder in die Welt gerufen werden, ist nicht nur eine "großartige Idee" (das weiß ja auch Blume), auch bei der Umsetzung ist viel Engagement und Neugier zu spüren. Die Zahl der Autorinnen und Autoren, die eingebunden oder gewürdigt werden, wächst stetig; viele aufwändige Projekte, von Literarischen Spaziergängen bis zum Graphic-Novel-Experiment, haben tatsächlich Leuchtturmcharakter. Vergangenheit wie Gegenwart des literarischen Lebens Bayerns werden hier sichtbar - und viel Potenzial für die Zukunft.

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