Süddeutsche Zeitung

Landtagswahl:Wahlen müssen über jeden Zweifel erhaben sein

Wie sich die Stadt München bei der Auszählung der bayerischen Landtagswahl verhalten hat, ist ein Unding. Denn Misstrauen ist das letzte, was demokratische Wahlen brauchen können.

Kommentar von Kassian Stroh

Es ist einiges schiefgelaufen bei der Auszählung der Landtagswahl in München. Aber es gibt bislang keine Indizien dafür, dass das nun vorliegende Ergebnis falsch ist. Es gibt zuhauf ärgerliche Berichte über Verzögerungen oder Technikprobleme. Aber keine Belege dafür, dass irgendeine Partei bevorzugt oder benachteiligt wurde. Das zu unterstreichen ist wichtig, und trotzdem ist es höchst problematisch, wie sich das Münchner Wahlamt verhalten hat.

Bei einer Wahl darf keinesfalls auch nur der Hauch des Anscheins entstehen, dass hier Schmu betrieben oder gar betrogen wird. Nicht nur in einer Situation, in der das demokratische System von Extremisten gleich welcher Couleur in Frage gestellt wird. Für Wahlen gibt es zu Recht umfangreiche Kontrollinstrumente und -instanzen. Umso unverständlicher ist es, wenn die Stadt München in der Wahlnacht Zahlen als Ergebnisse vermeldet, die teils auf Schätzungen beruhen, ob sie nun durch Computer vorgenommen wurden oder durch Menschen. Auch wenn diese als vorläufige Ergebnisse gekennzeichnet werden - das geht nicht. Denn auf diesen merkwürdigen Meldungen beruhte ja auch das bayernweite, am Montagfrüh veröffentlichte vorläufige Endergebnis samt Sitzverteilung des neuen Landtags. Ein Unding.

Denn es sät Misstrauen, wenn diese Zahlen dann binnen zweier Tage massiv korrigiert werden (müssen). Und Misstrauen ist das letzte, was demokratische Wahlen brauchen können. Sie müssen über jeden Zweifel erhaben sein. Ob Neuauszählung oder Stichproben - was immer rechtlich zulässig ist, sollte die Stadt nun tun, um mögliche Fehler zu finden.

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Quelle:
SZ vom 20.10.2018
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