Süddeutsche Zeitung

Unterschleißheim:Grüne wollen Autobahnausbau stoppen

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Die Partei ist überzeugt davon, dass der Verkehr durch die Corona-Krise abnimmt. Vorstoß findet im Stadtrat aber keine Unterstützung.

Von Irmengard Gnau, Unterschleißheim

Die Unterschleißheimer Grünen wollen den lange geplanten Ausbau der Autobahn A 92 stoppen. Durch die Corona-Pandemie und deren noch zu erwartende Folgen wird die Menge des Verkehrs auf der Strecke stark abnehmen, sind die Lokalpolitiker überzeugt. Einen Ausbau der Autobahn von München nach Deggendorf auf streckenweise sechs Fahrspuren halten die Mitglieder der Umweltpartei unter diesen Umständen für nicht mehr gerechtfertigt. Stattdessen sollten die bestehenden Fahrstreifen ertüchtigt und ein wirksamer Lärmschutz für Unterschleißheim und die Umgebung errichtet werden, fordern sie.

Mit ihrem plötzlichen Vorstoß ist die Ökopartei im Unterschleißheimer Stadtrat allerdings ziemlich allein. Die übrigen Parteien versagten einem Antrag der Fraktion aus Grünen und ÖDP im Stadtrat ihre Unterstützung. Zwischen Feldmoching und dem Kreuz Neufahrn soll die A 92 auf sechs Spuren verbreitert werden. Zudem werden die Anschlussstellen in Ober- und Unterschleißheim verändert. Der Ausbau befindet sich derzeit noch im Planfeststellungsverfahren, Unterschleißheim kann als betroffene Kommune zu jedem Planungsschritt eine Stellungnahme abgeben. Das hat sie bislang auch genutzt und einige Forderungen für einen verbesserten Lärmschutz für die Anwohner eingebracht.

Dass die Stadt nun allerdings umschwenken und den Autobahnausbau völlig ablehnen solle, wie es die Grünen vorschlagen, halten die übrigen Parteien für taktisch unklug. Eine breitere Autobahn könne für die Bürger in Unterschleißheim, zumal die Anwohner entlang des Weihers, sogar Entlastung bringen, da weniger Autofahrer von der Autobahn ab und durch den Ort führen, argumentierte Bürgermeister Christoph Böck (SPD). Die Stadt habe zudem durch den Ausbau die Gelegenheit, für besseren Lärmschutz aufzustehen.

"Corona ändert alles", sagen die Grünen

Dass die Zahl an Autos und Lastwagen, die täglich auf der A 92 verkehrt, nach den Corona-Einschränkungen weiterhin niedrig bleibt, halten einige Stadträte erkennbar für eine naive Annahme. Die Grünen hingegen argumentieren aber, dass sich das Arbeits- und damit das Mobilitätsverhalten nachhaltig verändern werde durch eine deutliche Zunahme von Home-Office; so führen viel weniger Beschäftigte täglich mit dem Auto in die Arbeit. Unternehmen hätten zudem die neuen digitalen Möglichkeiten nun mehr in den Fokus genommen, was weniger Flugreisen und mehr Online-Konferenzen zur Folge habe. "Corona ändert alles", unterstrich der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Jürgen Radtke im Stadtrat.

Auch der Münchner Flughafen, ein zentrales Ziel auf der A 92, arbeitet unter neuen Voraussetzungen. Die Flughafengesellschaft hat einen Stellenabbau von 20 Prozent ins Gespräch gebracht. Zudem werde sich neben weniger Dienstreisen auch das Urlaubsverhalten der Menschen verändern, nehmen die Grünen an. Die Mehrheit des Stadtrats mochte eine solche Verkehrswende am Horizont jedoch nicht erkennen. Mit Mehrheitsentschluss unterstützt die Stadt weiter den Autobahnausbau, fordert aber eine höhere Lärmschutzwand.

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Quelle:
SZ vom 31.07.2020
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