Süddeutsche Zeitung

Taufkirchen:Wald bleibt Wald

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Egal ob Ministerpräsident Söder über Raumfahrt spricht oder andere über U-Bahnpläne - das Forstareal gegenüber dem Ikea-Markt in Taufkirchen ist begehrt. Nun muss ein Grundbesitzer dort illegale Bauten entfernen.

Von Martin Mühlfenzl, Taufkirchen

Ob sie nun in einem sogenannten fliegenden Bau, einem Heuschober oder einem Drei-Sterne-Hotel unterkommen, dürfte den Schafen ziemlich egal gewesen sein. Der Verwaltung im Landratsamt indes ist es keineswegs einerlei, dass am südlichen Ende des Parallelogramms in Taufkirchen zuletzt auch Tiere gehalten wurden; in Bauten, für die offenbar keine Genehmigung vorlag und die nun bis spätestens Anfang Mai beseitigt werden müssen, wie Landrat Christoph Göbel (CSU) jetzt im Bauausschuss des Kreistags bekannt gab.

Das Parallelogramm, zwischen der Einsteinstraße im Osten und der Willy-Messerschmitt-Straße im Osten gelegen, ist von oben betrachtet ja eher ein Rechteck. Vor allem ist die - noch - unbebaute Fläche, die im Flächennutzungsplan der Gemeinde Taufkirchen als Wald ausgewiesen ist, auch ein Ort der Begehrlichkeiten. Die einen möchten das Areal in seiner heutigen Form erhalten und am liebsten wieder dichter bepflanzen. Andere - wie etwa Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) - haben im Sinn, dass dort in nicht allzu ferner Zukunft Studenten der Luft- und Raumfahrt in einer eigenen Fakultät an bayerischen Satelliten forschen und basteln und am besten mit der dann verlängerten U 5 bis zur Uni fahren können.

Plötzlich steht dort ein Zelt

Anfang des Jahres waren aber nicht nur Spaziergänger, die sich gerne im Wald tummeln, überrascht, als plötzlich ein Zelt im Parallelogramm stand. Von außen ist das Areal nur schwer einzusehen. Aufgestellt hatte das Zelt Willi Sippl, Geschäftsführer einer Taufkirchner Immobilien-Gesellschaft und Waldbesitzer. Bei einem Treffen im Parallelogramm sagte Sippl damals, die Konstruktion sei ein fliegender Bau - und für einen solchen brauche es "keine Genehmigung". Zu welchem Zweck er die Zeltkonstruktion mitten im Wald aufgebaut habe, wollte Sippl bei dem Treffen nicht sagen.

Auf die Bauten im Parallelogramm wurden in der Folge mehrere Seiten aufmerksam. Der Kreisrat der Grünen, Christoph Nadler, und seine Parteifreundin und Taufkirchner Gemeinderätin Gabi Zaglauer-Swoboda beanstandeten früh, dass eine Bebauung des Waldes nicht zulässig sei und der Wald als solcher erhalten werden müsse. Auch im Ottobrunner Gemeinderat - das Parallelogramm grenzt direkt an die Gemeinde - war das Zelt ein Thema.

Und Anfang Februar schaltete sich das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ein. Zuvor hatte das Amt das Areal in Augenschein genommen und festgestellt, dass neben dem "mittleren Bierzelt", dessen Boden gepflastert ist, auch ein 75 Quadratmeter großer Schuppen errichtet worden war. "Uns liegt weder eine Bau- noch eine Rodungsgenehmigung oder sonstige behördliche Gestattung vor, welche diese Einrichtungen erlauben würde", schrieb das Amt in der Folge an Sippl.

Gefragtes Areal

Der Wald im Parallelogramm gehört sicher nicht zu den schönsten seiner Art. An manchen Stellen, gerade im Süden an der Grenze zur B 471, ragen teils ärmliche Gerippe in den Himmel. "Aber darum geht es auch nicht", sagt Christoph Nadler. "Fakt ist, das Gebiet ist als Wald ausgewiesen. Es ist also eine grundsätzliche Frage, was dort passiert. Eine Bebauung gehört nicht dazu." Seit Jahrzehnten, sagt Nadler, sei das Areal "Ziel der Begierde unterschiedlicher Firmen" - etwa für die Ansiedlung von Gewerbe oder neuerdings eben als Standort einer Fakultät und als U-Bahnhaltestelle. "Wir haben ja am Beispiel Ikea direkt gegenüber gesehen, wie schnell es gehen kann und wertvolle Flächen urplötzlich verschwinden", sagt Nadler.

Auf dem Parallelogramm aber müssen nun der Schuppen und das Zelt abgebaut werden, in dem, so sagte es Landrat Göbel, zuletzt Schafe untergestellt worden seien. Seine Verwaltung, genau genommen der Geschäftsbereich Bauen, habe sich der Angelegenheit angenommen und unter anderem festgestellt, dass für den fliegenden Bau kein Prüfbuch vorgelegt worden sei, sagte Göbel, wie dies vom Gesetzgeber vorgeschrieben wird. Es wurde daher ein Verfahren eingeleitet, zu dem bisher keine Äußerung des Besitzers eingegangen sei, machte der Landrat deutlich. Im Zuge des Verfahrens wurde Sippl aufgefordert, von einer weiteren Nutzung abzulassen und "das Zelt und die Bauten innerhalb eines Monats zu beseitigen", sagte Göbel. Also bis Anfang Mai.

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Quelle:
SZ vom 13.04.2019
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