Süddeutsche Zeitung

Taufkirchen:Günstige Wohnungen vorerst nicht zu vermieten

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Das Rathaus hat es drei Jahre lang versäumt, Richtlinien für die Vergabe festzulegen. Deshalb können 44 Appartements vorerst nicht vergeben werden.

Von Patrik Stäbler, Taufkichen

Der Gemeinde Taufkirchen droht bei ihren 44 Mietwohnungen am Riegerweg ein unwürdiges Kuriosum. So sollen die neu gebauten Appartements zwar am 1. Februar bezugsbereit sein, jedoch könnten etliche von ihnen dann zunächst einmal leer stehen. Grund hierfür ist das Fehlen eines Kriterienkatalogs für die Vergabe der Mietwohnungen, die mit einem Quadratmeterpreis von zehn Euro höchst begehrt sind. Obwohl der Gemeinderat auf Antrag der Freien Wähler bereits im Januar 2020 die Erstellung einer entsprechenden Richtlinie beschlossen hatte, ist es der Gemeindeverwaltung von Bürgermeister Ullrich Sander (parteifrei) in seither fast drei Jahren nicht gelungen, eine Vorlage für einen solchen Kriterienkatalog zu erstellen. Nun soll dieser in einer Sondersitzung des Gemeinderats im Dezember beschlossen werden.

Dennoch droht ein Verzug bei der Vergabe der Wohnungen am Riegerweg, was bei der jüngsten Gemeinderatssitzung mit Ärger und harscher Kritik quittiert wurde. So sprach Rudi Schwab (Grüne) von einem "Offenbarungseid der Verwaltung". Auch Julius Ammereller (CSU) äußerte sein Unverständnis, dass in den vergangenen Jahren - trotz mehrfacher Nachfragen im Gemeinderat - nichts geschehen sei. Dabei hatten die Freien Wähler in ihrem Antrag bereits einen detaillierten Entwurf für eine "Richtlinie zur Vergabe von vergünstigten Mietwohnungen an Einheimische der Gemeinde Taufkirchen" mitgeliefert. Dieser hätte nach dem Wunsch des Gemeinderats geprüft und juristisch wasserdicht gemacht werden sollen - was jedoch nicht geschah.

"Ich kann den Ärger des Gemeinderats verstehen", sagt der Bürgermeister. "Es hat hier Verzögerungen gegeben." Zu den Gründen will er sich auf Nachfrage nicht äußern. In der Gemeinderatssitzung hatte Sander noch darauf verwiesen, dass der zuständige Rathausmitarbeiter nicht anwesend sei. Worauf Rosemarie Weber (SPD) entgegnete: "Wir verwahren uns dagegen, mit dem Finger auf Verwaltungsmitarbeiter zu zeigen." Vielmehr gebe es im Rathaus "jemanden, der den Hut aufhat", sagte die SPD-Politikerin nach der Sitzung mit Blick auf den Bürgermeister. "Und der muss eigentlich eine Prioritätenliste festlegen, was am dringendsten ist." Wobei Weber auch sich selbst und den anderen Gemeinderatsmitgliedern eine Teilschuld "von vielleicht zehn Prozent" gibt. Denn: "Wir hätten noch energischer nachfragen sollen."

Jetzt muss der Gemeinderat im Dezember zu einer Sondersitzung zusammenkommen

Sowohl die SPD-Gemeinderätin als auch der Bürgermeister gehen jedoch davon aus, dass die Gemeinde mit einem blauen Auge davonkommt. Ihnen zufolge werde sich die Vergabe der gemeindlichen Mietwohnungen in einigen Fällen womöglich um einen Monat verzögern - sofern die Appartements tatsächlich am 1. Februar bezugsbereit sind, so der Bürgermeister. Überdies müsse der Gemeinderat ohnehin überlegen, ob er nicht eine Handvoll Wohnungen erst mal leer stehen lassen wolle - als Puffer, wenn das Rathaus beispielsweise Pflegekräfte oder Erzieherinnen anwerben wolle. Menschen dieser Berufsgruppen sollen schließlich in den Mietwohnungen am Riegerweg bevorzugt zum Zug kommen. Darüber hinaus sind die Wohnungen für Personen gedacht, "die zu viel verdienen, um eine Sozialwohnung zu bekommen, aber zu wenig verdienen, um auf dem normalen Wohnungsmarkt etwas zu finden", wie es Rudi Schwab (Grüne) formulierte. Aus diesem Grund sei es essenziell, dass der Kriterienkatalog bestimmte Einkommensgrenzen festlege, forderte Alfred Widmann (SPD). "Wohnungen, die wir staatlich finanzieren, sollten nur an diejenigen gehen, die es auch nötig haben."

Wie sich das konkret in der Richtlinie wiederfinden wird, muss der Gemeinderat nun also in einer Sondersitzung entscheiden. Die Nachfrage nach den Mietwohnungen am Riegerweg ist jedenfalls groß. Laut Bürgermeister liegen für die 44 Wohneinheiten mehr als 100 Anmeldungen vor. Dass es bei deren Vergabe womöglich zu Verzögerungen kommen wird, kommentierte SPD-Gemeinderätin Weber mit den Worten: "Schämen, schämen, schämen ist da angesagt."

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