Süddeutsche Zeitung

Tag der offenen Gartentür:Schlaraffenland für Biene und Mensch

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In Unterhaching bewirtschaften 40 Gartler gemeinsam 300 Quadratmeter.

Von Michael Morosow, Unterhaching

Zu den klassischen Kennzeichen eines Gartens gehört zweifellos ein Zaun. Aber es geht auch ohne, wie sich in Unterhaching am Ende des Finsinger Wegs zeigt. Zaunlatten und eine verschließbare Eingangstüre würden die Absicht der Gartler sogar konterkarieren.

Jeder, der gießt, darf auch ernten, lautet, verkürzt, die Maxime der Kraut-und-Rüben-Familie, die hier seit mehr als einem Jahr gräbt, pflanzt, gießt und erntet. Das Krautgarten-Projekt, initiiert von den Unterhachinger Grünen, wächst und gedeiht - zur Freude der etwa 40 Gartenfreunde, die abwechselnd zum Gießen erscheinen, zur Freude aber auch der Bienen und anderen Insekten, die eine gedeckte Tafel vorfinden.

Insbesondere auf der Veitshöchheimer Bienenweide, die zudem ein Augenschmaus ist. Unter anderem Ringelblume, Natternkopf, Königskerze und Flockenblumen blühen hier zu unterschiedlichen Zeiten, sodass Bienen vom Frühjahr bis in den Herbst hinein Nektar und Pollen vorfinden. Und weil das so ist, hat der Oberhachinger Imker Johannes Fagner kürzlich drei Bienenstöcke am Weiderand aufgestellt. Am Tag der offenen Gartentür können sich Interessenten von der Pflanzenvielfalt überzeugen.

Es ist heiß an diesem Montagabend, und Stefan König kommt ganz schön ins Schwitzen beim Auflockern der Erde. König hat heute Dienst, sein Name steht auf dem Gießplan, auf den sich die Gartenfreunde eintragen, wie auch der von Angela Heilmeier-Stead, die regelmäßig von Taufkirchen mit dem Rad zum Krautgarten fährt. Heute wird sie prächtig gewachsenen Salat mit nach Hause nehmen.

Ein 4000-Liter-Tank von der Berufsfeuerwehr

Dass das Krautgarten-Projekt nach dem ersten Spatenstich im April des Vorjahres so in die Höhe geschossen ist, dafür zeichnet eine ganze Reihe von Unterstützern verantwortlich. Allen voran die Familie Diepold, die nicht nur den Ackerboden kostenlos zur Verfügung gestellt hat, sondern auch das Saatgut für die Veitshöchheimer Bienenweide aus eigener Tasche bezahlt hat. Und erst kürzlich ist Jakob Diepold mit einem kompletten Gartenhäuschen angekommen, das sich die Gartler schon lange gewünscht hatten. Develey-Geschäftsführer Michael Durach hat einen 2000 Liter fassenden Wasserbehälter spendiert, die Gemeinde kaufte für die Gartler einen 4000-Liter-Tank von der Münchner Berufsfeuerwehr, und nächste Woche, so sagt Claudia Köhler, Mitinitiatorin des Projekts, werde die Unterhachinger Feuerwehr einen weiteren 2000-Liter-Kanister in den Garten stellen. Vor allem die jungen Pflanzen bräuchten jetzt viel Wasser, den Mais und die Kartoffeln dagegen müsse man nicht gießen, weiß Stefan König.

Es duftet nach frischer Kamille, die zwischen allen Beeten wild wächst. "Echte Kamille", wie Claudia Köhler betont. Heilkräuter wachsen heran, Beeren, Salat und Gemüse; in einer Vielfalt, die kein Gemüseladen aufweisen kann. "Probieren Sie mal die Zuckererbsen", sagt Angela Heilmeier-Stead. Die Nutzer sind stolz auf ihren Garten, der inzwischen auf etwa 300 Quadratmeter angewachsen ist. "Wir trauen uns noch mehr zu, weil es mit der bisherigen Fläche so gut geklappt hat", sagte Stefan König. Nichts geworden sind einzig die Tomaten, weil sie nach starken Regenfällen von der Braunfäule heimgesucht worden sind.

Seit Kurzem ist der Krautgarten auch pädagogisch wertvoll: Nachdem die Sozial- und Umweltpädagogin Evi Karbaumer Kontakt geknüpft hatte zur Heilpädagogischen Tagesstätte am Grünwalder Weg, wurden alsbald zwei Beete extra umgegraben, damit sich die Kinder als Gärtner versuchen können. Wer in der bunten Gemeinschaft mitarbeiten will, ist willkommen. "Immer montags und donnerstags abends ab 17 Uhr ist man nie alleine auf dem Feld", sagt Köhler.

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SZ vom 21.06.2017
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