Süddeutsche Zeitung

Streik im Nahverkehr:Absurder Arbeitskampf

Die Lokführer der Gewerkschaft GDL drohen mit monatelangem Streik. Dabei ist ihre Schlagkraft gering - genauso wie die Wahrscheinlichkeit, dass ihre Forderungen erfüllt werden.

Ulrich Schäfer

Sie wollen weitermachen: noch ein paar Tage, ein paar Wochen oder notfalls einige Monate. Die kleine Gewerkschaft der Lokführer, die GDL, die Teil der weitaus größeren dbb Tarifunion ist, scheint fest entschlossen zu sein, zum großen Schlag auszuholen.

Die Arbeitnehmerorganisation, deren Mitgliederzahlen in Bayern und München niemand kennt, hat zum unbefristeten Ausstand im Nahverkehr ausgerufen. Und unbefristet heißt: Die Funktionäre wären auch bereit, ein paar Monate durchzuhalten, um ihre Forderungen durchzusetzen. Das ist ihr gutes Recht, gleichwohl ist dieser Arbeitskampf ziemlich absurd.

Denn die GDL lässt den großen Worten bislang nur relativ kleine Taten folgen. Sie ist groß darin, das öffentliche und mediale Interesse auf sich zu lenken, indem sie ausgerechnet die Wiesn bestreikt, die Heimspiele des FC Bayern München oder das Konzert der Rockband U2 im Olympiastadion.

Es geht also darum, mit einer recht kleinen Streiktruppe die größtmögliche Aufmerksamkeit zu erzielen - auch wenn die Folgen des Ausstands anschließend nicht den vollmundigen Ankündigungen entsprechen. Es herrscht Gedränge auf den Bahnhöfen, in Zügen und Bussen. Aber Chaos? Nein, das gibt es nicht.

Die Gewerkschaft wird mit dem Arbeitskampf am Ende jedoch wenig erreichen. Vermutlich fast nichts. Denn die Arbeitgeber können es sich nicht leisten, mit einer kleinen Gewerkschaft wie der GDL einen anderen, besseren Tarifvertrag abzuschließen als zuvor mit der Großgewerkschaft Verdi. Dies würde nur den nächsten Arbeitskampf provozieren, zu dem dann Verdi aufriefe. Und deren Schlagkraft könnte dann wirklich für ein Chaos im Nahverkehr sorgen.

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Quelle:
SZ vom 27.09.2010
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