Süddeutsche Zeitung

Schulen:Gronsdorf oder gar nicht

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Obwohl die Planung nicht vorankommt, hält die Gemeinde Haar am beschlossenen Standort für den geplanten Schulcampus fest. Auch ein Provisorium für die Realschule wird es nicht geben

Von Bernhard Lohr, Haar

Die Gemeinde Haar verfolgt weiter das Ziel, am Gronsdorfer Bahnhof einen Schulcampus zu schaffen. Eine Mehrheit von SPD und Grünen lehnte am Dienstag im Gemeinderat einen Antrag der CSU ab, einen Arbeitskreis einzurichten und über Alternativstandorte beraten zu lassen. Genauso lief die CSU mit dem Wunsch ins Leere, die Realschule zumindest mal in einem provisorischen Gebäude unterzubringen. Die Idee mit dem Arbeitskreis fanden SPD und Grüne nicht überzeugend. Ein Provisorium scheint dagegen schlicht nicht machbar, ohne Aussicht auf einen baldigen Bau der Schule.

Und der ist im Moment tatsächlich nicht abzusehen. Zwar hat der Gemeinderat nach intensiver Vorprüfung im Mai 2016 einstimmig beschlossen, eine Realschule samt Fachoberschule und einer Pflegeschule nordöstlich des Gronsdorfer Bahnhofs zu schaffen. Doch seitdem hat sich, wie CSU-Fraktionssprecher Dietrich Keymer beklagte, zumindest mit Blick auf die Realschule "nichts in die gewünschte Richtung bewegt". Deshalb solle ein Arbeitskreis aus der Mitte des Gemeinderats "interfraktionell" darüber reden, wo eine Realschule oder der gesamte Campus sonst verwirklicht werden könnte. Es reiche nicht zu sagen: "Wir haben uns bemüht."

Seit dem Beschluss, den Campus auf einer Fläche der Stadt München in Gronsdorf zu schaffen, hat sich gezeigt, dass das gerade dort ziemlich schwierig ist. Ein Verkehrsgutachter erklärte, dass ohne eine Erschließungsstraße parallel zum Bahndamm, lediglich die FOS und die Pflegeschule, aber nicht mehr die Realschule darstellbar seien. Dieses Straßenprojekt kommt aber seit Jahrzehnten nicht voran, weil ein Grundstückseigentümer am Rappenweg in Trudering nicht mitspielt. Zusätzlich hat der Stadtrat mittlerweile die Verhandlungen erschwert, weil er ein Gesamtkonzept für sein elf Hektar großes Areal in Gronsdorf fordert, damit dort neben dem Campus auch ein Wohngebiet entsteht.

Auch wenn die Gemengelage kompliziert ist, warb Bürgermeisterin Gabriele Müller (SPD) dafür, an Gronsdorf festzuhalten. Die Beschlusslage des Gemeinderats sei klar, dort die Realschule zu schaffen, wenn die Finanzierung gesichert und die Verkehrserschließung geregelt sei. Manches sei angeschoben worden. Die Stadt München habe Mittel für ein "Strukturkonzept" freigegeben, in dem der Schulcampus und eine weitere Nutzung der städtischen Flächen durchexerziert würden. Den Vorwurf Keymers, es herrsche Stillstand, wies Müller mit Blick auf die an der Hans-Pinsel-Straße in einem Übergangsbau residierende FOS zurück.

Man merkte im Gemeinderat, dass das Realschulthema in Haar besondere Brisanz hat. Die CSU sieht die Realschule als ihr Kind an, weil sie mit Anträgen schon vom Jahr 2011 an darauf gedrungen hat, eine solche in Haar anzusiedeln und das Schulangebot am Ort damit abzurunden. "Ich kann es nicht mehr hören", sagte am Dienstagabend Alfons Meindl (SPD), als die CSU immer wieder argumentierte, es müsse doch etwas vorangehen. Gerlinde Stießberger (CSU) sagte, die Realschule in Vaterstetten, in deren Zweckverband Haar Mitglied ist und die die große Mehrheit der Haarer Realschüler besucht, sei nach der jüngsten Erweiterung wieder an ihren Kapazitätsgrenzen angelangt. Ein Ausbau des Ernst-Mach-Gymnasiums werde gerade untersucht. Beide Schulen könnten von einer Realschule in Haar profitieren, sagte Stießberger und verwies auf die hohe Zahl an Schülern, die das Haarer Gymnasium bis zum Abitur Richtung Realschule verlassen. Die CSU argumentiert immer wieder, dass Haarer ihre Kinder aufs Gymnasium schicken, obwohl sie eine Realschule vorziehen würden, wenn es diese am Ort gäbe.

In der SPD allerdings sieht man keinen Handlungsdruck. "Es ist nicht so, dass unsere Schüler unversorgt auf der Straße sind", sagte Bürgermeisterin Müller. Haar sei vollwertiges Mitglied im Zweckverband Vaterstetten. Horst Wiedemann (SPD) sagte, aus Haar gingen 270 bis 300 Schüler nach Vaterstetten. Das sei nicht die ganz große Zahl. Auch Meindl sah "keine Notwendigkeit", jetzt in Hektik zu verfallen. Werner Kozlik (Grüne) sagte, er wisse schlicht nicht, wo der Schulcampus hin sollte, wenn nicht nach Gronsdorf. Ein Antrag, die vom Freistaat bereits genehmigte Realschule für Haar zügig in ein provisorisch als Schulhaus genutztes Gebäude zu holen, hat laut Müller keine Aussicht auf Genehmigung. Dafür müsste der Bau des Schulgebäudes wenigstens absehbar sein. Und das ist er nicht.

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SZ vom 23.05.2019
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