Süddeutsche Zeitung

Schäftlarner Fischessen:Bereit für Schwarz-Grün

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Trotz aller Kritik an der CSU geben sich die Landtagskandidaten offen für eine Koalition

Von Benjamin Engel, Schäftlarn

Das Schäftlarner Fischessen symbolisiert die Erfolge der Grünen im Südwesten von München. Zum 30. Mal organisierte der Ortsverband der Partei die inzwischen traditionelle Veranstaltung des Grünen-Kreisverbands am Aschermittwoch. Das schlägt sich auch im Selbstbewusstsein nieder, mit dem der Schäftlarner Grünen-Vorsitzende Anton Höck den Abend eröffnete. "Einige der Gaststätten, in denen wir begonnen haben, gibt es nicht mehr, aber uns", erklärte er.

Das Fischessen habe sich zur Veranstaltung des Isartals entwickelt - flussaufwärts und -abwärts. Es fehlten an diesem Aschermittwoch allerdings zwei prominente Persönlichkeiten: die Grünen-Bürgermeisterin aus Pullach, Susanna Tausendfreund, deren Ehemann tags zuvor gestorben war, und Landtagskandidat Markus Büchler, der erkrankt ist. So blieben nur der Tölzer Direktkandidat Hans Urban und Claudia Köhler, die Direktkandidatin für den Stimmkreis Landkreis München-Nord, um politische Botschaften anzubringen. Die Unterhachinger Gemeinderätin und Sozialreferentin griff den designierten Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) an. Ihm wirft sie vor, Wohnungen günstig an Spekulanten verscherbelt und den Alpenplan für den Liftbau am Riedberger Horn ausgehebelt zu haben. "Bayern ist meine Heimat", erklärte sie. Und die lasse sie sich von niemandem verschandeln.

Ihren Heimatort Unterhaching beschrieb Köhler als Paradebeispiel für die Fehlentwicklungen in bayerischen Kommunen. "Wir sind von drei Autobahnen begrenzt." Die Anwohner müssten mit Lärm, Dreck und Verkehr leben. Auf der grünen Wiese siedelten sich Discounter an, während kaum noch Läden im Ort existierten. Alles werde zubetoniert. "Wir finden nicht einmal ein Fleckerl mehr für ein Wasserschutzgebiet", begründete Köhler das Volksbegehren gegen Flächenverbrauch.

Darüber hinaus beschäftigte die Grünen in Schäftlarn die Bildungspolitik. Köhler betonte, dass für die Inklusion die Zahl der Lehrkräfte und der Schüler pro Klasse wichtiger sei, als über den Standort des Lifts in der Schule zu diskutieren. Die Ganztagsschule werde nur funktionieren, wenn der Freistaat mehr Geld in die Hand nehme. Am Nachmittag kein pädagogisches Personal, sondern jemandem vom Sportverein zur Betreuung zu schicken, sei der falsche Ansatz. Ihrer Ansicht nach müsste die Ganztagsschule nicht nur an Grund-, sondern längst schon an Mittelschulen etabliert sein. Denn die Kinder dort hätten daheim am wenigsten Rückhalt.

Der Tölzer Kandidat und Biobauer Urban sprach über Artensterben und Nitratanreicherung im Trinkwasser und bekannte, dass er sich angesichts dessen frage, ob es etwas bringe, was er mache. Der Bioanbau allein habe im Grunde nichts erreicht und werde es selbst dann nicht, wenn 20 Prozent der Bauern ökologisch wirtschafteten. "Wir brauchen eine hundertprozentige Wende in der Landwirtschaft", forderte Urban. Es brauche ein verpflichtendes, staatlich kontrolliertes Tierhaltungskennzeichen, ein praxistaugliches Gentechnikgesetz und mehr Forschungsgelder für den Ökolandbau. Nur zu produzieren und dann zu jammern, dass der Markt nicht da sei, gehe nicht mehr.

Was Urban zusätzlich umtreibt ist die Mobilität. "40 Jahre lang plant man schon die S-Bahn-Verlängerung nach Geretsried und ich denke, das dauert noch 20 Jahre, bis die gebaut ist." Er kritisierte gleichzeitig, dass für die zweite Stammstrecke im Münchner Untergrund wahnsinnig viel Geld verbuddelt werde.

Zur Landtagswahl im Herbst hoffen die Grünen in Schäftlarn auf ein gutes Ergebnis. Eine Koalition mit der CSU will keiner der Landtags-Direktkandidaten ausschließen. Hans Urban blickt etwa auf das südliche Nachbarbundesland mit grün-schwarzer Regierung. "Was in Baden-Württemberg möglich ist, ist in Bayern genauso möglich", sagte er.

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Quelle:
SZ vom 16.02.2018
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