Süddeutsche Zeitung

Oberhaching:Kommt Zeit, kommt Radweg

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Knapp 35 Jahre nach Beginn der Planungen ist die Verbindung von Deisenhofen nach Oberbiberg endlich durchgängig befahrbar. Für das letzte Teilstück brauchte es ein Enteignungsverfahren.

Von Michael Morosow, Oberhaching

Die höchste Pyramide der Welt war bereits nach circa 20 Jahren Bauzeit fertiggestellt. Der Bauherr, der ägyptische Pharao Cheops, musste sich allerdings nicht mit widerwilligen Grundstücksbesitzern herumschlagen und gegen sie ein Enteignungsverfahren anstrengen, so wie es die Gemeinde Oberhaching schließlich tun musste, um endlich den letzten Stein für einen Geh- und Radweg zwischen den Ortsteilen Oberbiberg und Deisenhofen setzen zu können. Jetzt ist es so weit, knapp 35 Jahre nach Planungsbeginn ist die letzte Lücke geschlossen, kann der 2,3 Kilometer lange Geh- und Radweg an der Staatsstraße 2368 durchgängig befahren werden.

Der damalige Bürgermeister Nikolaus Aidelsburger veranschlagte im Jahr 1999 die Gesamtkosten für das Vorhaben mit 150 000 bis 200 000 Mark, bis heute sind etwa 300 000 Euro daraus geworden. Damit gehört aber eine seit vielen Jahren beanstandete Gefahrensituation endlich der Vergangenheit an: Wer bisher mit dem Fahrrad von Oberhaching nach Oberbiberg radelte, musste nach drei Vierteln der Strecke unversehens auf die Landstraße ausweichen. Der Geh- und Radweg endete bis zuletzt abrupt im Wald an der Abzweigung nach Kreuzpullach, weshalb die Radfahrer ausweichen und einen 60 Meter langen Abschnitt auf der schnellbefahrenen Staatsstraße 2368 zurücklegen mussten.

Die Gemeinde brachte den Lückenschluss nach langen, ergebnislosen Verhandlungen mit den Eigentümerinnen des dafür notwendigen Grundstücks nur über ein Enteignungsverfahren auf den Weg. Hartnäckig hatten sich die die Besitzerinnen des fehlenden Streifens entlang der Dietramszeller Straße gegen den Verkauf an die Gemeinde gestemmt und schließlich sogar verlangt, dass eine Trasse um ihr Grundstück herum durch den Wald führen sollte. Das kam für die Gemeinde freilich nicht in Frage, zumal auch Kinder und Jugendliche den Radweg nutzen. Mit ihrem Gang vor dem Landgericht München II hatten die Eigentümerinnen keinen Erfolg, im September 2017 wurde ihre Klage abgeschmettert und stattdessen dem Eilantrag der Gemeinde stattgegeben.

Am Ende ging es überraschend schnell

Nachdem sich das gesamte Projekt über drei Jahrzehnte hingezogen hatte, ging am Ende alles viel schneller als erhofft. Noch im September 2017, kurz nach der Gerichtsentscheidung, äußerte Thomas Jäger, Bauamtsleiter im Oberhachinger Rathaus, Zweifel daran, dass die Gemeinde den Lückenschluss noch im selben Jahr hinbekommen würde. Er habe wenig Hoffnung, dass die Gemeinde die Firma, die das jüngste Teilstück gebaut hatte, für einen raschen Bau gewinnen könne, erklärte Jäger seinerzeit. Erst im Frühjahr 2018 könnten die Baumaschinen am Ortseingang von Oberbiberg wieder loslegen, mutmaßte der Bauamtsleiter damals.

Umso größer ist nun seine Freude darüber, dass der Radwegebau bereits zum Jahreswechsel so gut wie abgeschlossen ist. "Wir hatten ein Riesenglück, dass die Firma Gewehr bei Fuß gestanden ist und in einem kurzen Zeitfenster alles hingekriegt hat", sagte Jäger am Dienstag. Der Weg sei bereits durchgängig asphaltiert, "aber ganz fertig sind wir noch nicht", schränkte Jäger ein. So etwa müssten noch der Toreingang und ein Zaun vor dem Grundstück der ehemaligen Eigentümerinnen errichtet werden. Das Ergebnis freut den Bauamtsleiter. Jetzt sei das Radfahren auf dieser Strecke sicher, und auch die Autofahrer profitierten davon, weil der Abschnitt für sie jetzt übersichtlicher sei.

Auch Jörg Koppen, Sprecher des lokalen Agenda-Arbeitskreises "Verkehr und Ortsentwicklung", zeigte sich hocherfreut über die Freigabe des Fuß- und Radwegs. Insbesondere für Pendler sei der attraktive Bahnhof Deisenhofen nun auch von Süden schnell und sicher mit E-Bikes, Pedelecs und sonstigen Rädern erreichbar. Auch das Rathaus, die Schulen, Geschäfte und sonstigen Versorgungseinrichtungen in Oberhaching beziehungsweise Deisenhofen können nun bequem mit dem Rad erreicht werden. Radfahrer aus der Umgebung sowie Radwanderer auf dem Weg ins Oberland freuten sich daher sehr über das "gelungene Weihnachtsgeschenk" der Gemeinde Oberhaching, heißt es in einer Pressemitteilung des Agenda-Sprechers.

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Quelle:
SZ vom 03.01.2018
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