Süddeutsche Zeitung

München:Grippewelle im Großraum

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Bayern steht eine neue Grippewelle bevor. Der Großraum München ist besonders betroffen. Ärzte raten zur Impfung. Wann der Höhepunkt erreicht ist, ist unklar.

Christoph Giesen, Stephan Handel und Anja Perkuhn

Bayern steht vor einer neuen Grippewelle. Besonders betroffen ist der Münchner Großraum. Wurden in Bayerns Gesundheitsämtern Anfang des Jahres insgesamt 93 Grippefälle gemeldet, stieg die Zahl Ende Januar auf 652 Fälle an, 318 davon in Oberbayern. Auch in München geht die Krankheit um: In der ersten Kalenderwoche des Jahres wurden 24 Fälle gemeldet, in der vierten Woche waren es bereits 199. "Wann der Höhepunkt der Grippe erreicht ist, kann man noch nicht sagen", erklärt Katrin Zettler vom Münchner Gesundheitsreferat. Aber der Trend, dass Schweinegrippe-Viren unter den untersuchten Proben dominieren, zeichnet sich klar ab.

Wie viele Patienten genau an der Grippe erkrankt sind, lässt sich anhand der Zahlen der Gesundheitsämter aber nicht ermitteln. Die Ärzte testen ihre Patienten nicht mehr annähernd so intensiv auf das H1N1-Virus wie noch bei der ersten Welle der Grippe.

Während der Hochphase der Schweinegrippe im Jahr 2009 waren sämtliche Ärzte in Deutschland dazu angehalten, Speichelproben auf das Virus untersuchen zu lassen, es bestand Meldepflicht für alle - auch wenn es sich nur um einen Verdacht auf Grippe handelte. Seit dem 1. Mai 2010 können die Ärzte wieder selber entscheiden, wann sie einen Abstrich machen. "Die Folge ist, dass weniger Proben in die Labore geschickt werden und viele Patienten trotz Grippeerkrankung in unseren Statistiken nicht auftauchen", sagt der Ebersberger Medizinaldirektor Hermann Büchner. "Der Arzt stellt zwar eine Diagnose, schickt aber häufig keine Proben zur Untersuchung", erklärt Hans Bergemann vom Gesundheitsamt Dachau. "Die Dunkelziffer ist daher schwer zu schätzen."

Unstrittig ist aber, dass die Zahl der Infizierten rasch zunimmt. Bei Routinetests Ende Januar konnte bei 101 von 193 Patienten, die einen Arzt wegen Atemwegserkrankungen aufgesucht hatten, der H1N1-Virus nachgewiesen werden. Im November waren nur drei Prozent der Tests positiv, im Dezember lag die Quote bei 17 Prozent. Das Münchner Klinikum rechts der Isar hat in den vergangenen drei Monaten etwa 20 Patienten behandelt. "Zu Beginn war es ein Patient pro Woche, jetzt sind es zwei bis drei", sagt Sprecherin Tanja Schmidhofer. 70 Prozent würden ambulant in der Notaufnahme behandelt, der Rest bleibt zwei bis fünf Tage stationär. Das Klinikum Großhadern bestätigt, dass Patienten behandelt würden, kann aber wegen der aufwendigen Tests derzeit nicht sagen, wie viele davon wirklich Schweinegrippe hatten und wie viele eine andere Influenza.

Grund zur Besorgnis bestehe jedenfalls nicht, sagt Hans Bergemann. "In der Wintersaison nehmen die Grippeerkrankungen nun einmal zu." Auch Gundula Jäger vom Institut für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie an der LMU München hält nichts von Panikmache. "Es war zu erwarten, dass die Schweinegrippe sich in der saisonalen Influenza zeigen wird." Es gebe jedes Jahr eine Grippesaison, in der entweder ein oder gleich mehrere Virentypen aufträten, sagt Jäger.

Ärzte raten zur Impfung. "Besonders Risikogruppen, also Kinder, Schwangere und ältere Menschen, sollten sich impfen lassen", sagt Büchner. Die normale Grippeschutzimpfung reiche aus, eine separate Impfung gegen die Schweinegrippe wie im vergangenen Jahr sei nicht mehr notwendig, da der Impfstoff in der normalen Grippeschutzimpfung enthalten sei. Büchner rät allerdings zur Eile: "Der Impfschutz setzt erst nach zwei Wochen ein, für den einen oder anderen könnte die Impfung deshalb zu spät kommen."

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Quelle:
SZ vom 05.02.2011
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