Süddeutsche Zeitung

Katastrophenschutz:Den Notfall proben

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Beim bundesweiten Warntag soll die Bevölkerung für den Ernstfall sensibilisiert werden. Im Landkreis München funktioniert das aber nur noch mit zwei Sirenen.

Von Martin Mühlfenzl, Ottobrunn

Im Landratsamt haben die Verantwortlichen im Katastrophenschutz mittlerweile nachgerüstet - und das war auch dringend notwendig. Denn im Keller des alten Paulanerklosters am Mariahilfplatz in der Au hatten die Einsatzkräfte jahrelang so gut wie keinen Handyempfang und auch kein Notstromaggregat; mittlerweile aber steht dort, im Lagezentrum des Landkreises München, zumindest ein Dieselgenerator für den Notfall bereit. "Wir haben schon nachgearbeitet", sagt Ottobrunns Feuerwehrkommandant Eduard Klas, der in der Feuerwehreinsatzzentrale des Landkreises München für den Katastrophenschutz zuständig ist. "Und es laufen momentan überall Maßnahmen, gerade bei den Feuerwehren seit Monaten, aber wir stoßen auch an Grenzen."

Eine dieser Grenzen wurde bereits vor einem Jahr mehr als offenkundig, als beim deutschlandweiten Warntag im September auch im Landkreis München viele Sirenen stummblieben, anstatt den Ernstfall zu simulieren, und insbesondere auch die Warn-Apps Katwarn und Nina ausfielen. Das soll sich an diesem Donnerstag, 8. Dezember, nicht wiederholen, wenn erneut die vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BKK) bundesweit organisierte Warnaktion stattfinden wird, an der sich die Bundesländer, Landkreise und Kommunen beteiligen. Um Punkt 11 Uhr werden dann die Sirenen der Feuerwehren heulen, Warn-Apps werden ihre Mitteilungen aussenden, Behörden aktivieren Internetseiten und nutzen Social-Media-Kanäle und erstmals wird auch das sogenannte Cell-Broadcast zum Einsatz kommen.

Dass es diesmal vor allem mit den Warn-Apps besser laufen wird, glaubt Ottobrunns Feuerwehrkommandant schon. "Schief gegangen ist es ja vor allem in Bezug auf die elektronischen Medien, da gab es Verzögerungen von bis zu einer Stunde und teils sind die Warnungen gar nicht angekommen", sagt Klas rückblickend. "Aber ich glaube nicht, dass das nochmal vorkommen wird." Der Einsatz elektronischer und digitaler Warn-Elemente sei durchaus sinnvoll, um mehr Menschen zu erreichen, so Klas - also auch das Cell-Broadcast, das bereits seit 30 Jahren einsatzfähig ist, in Deutschland bisher aber kaum genutzt wurde. Mittels dieser Methode werden Warnungen anonym aufs Handy geschickt, eine App ist dafür nicht notwendig. Auslösen können die Nachrichten Behörden, Polizei, Feuerwehren oder der Katastrophenschutz.

Schon im Vorfeld des Warntags werden Handynutzer darüber informiert, dass sie am Übungstag eine Nachricht erhalten werden. Damit am Donnerstag aber keine Panik aufkommt, wird in der SMS, die den Titel "Probewarnung, Bundesweiter Warntag 2022" tragen wird, informiert: "Es besteht keine Gefahr".

Nach zwei Stunden Stromausfall geht das Handynetz nicht mehr

Was aber, wenn im Ernstfall wieder der Strom ausfällt? Und der Ottobrunner Kommandant geht davon aus, dass es partiell zu Engpässen bei der Energieversorgung kommen wird. Denn einerseits, so Klas, sei Cell-Broadcast genau dort wichtig, wo es keine Sirenen gibt, andererseits funktioniere das SMS-System eben nur, wenn die Stromversorgung gegeben ist. "Und wir alle wissen, dass nach zwei Stunden Stromausfall das Handynetz nicht mehr funktioniert", sagt Klas. "Das Mittel der Wahl ist dann eben die Sirene, und natürlich das UKW-Radio, über das auch Warnungen vermittelt werden - und natürlich durch uns." Wir früher also werden dann auch die Feuerwehren durch die Gemeinden fahren und die Bevölkerung über ihre Lautsprecher vor Gefahren warnen.

Am Donnerstag selbst werden im Landkreis München allerdings nur zwei Sirenen ertönen, die in der Lage sind, alle Warntöne abzugeben - und zwar die Anlagen in Ottobrunn und Neubiberg. In den vergangenen Jahrzehnten sind landkreisweit wie auch in der gesamten Republik Warnanlagen bei den Feuerwehren oder auch auf Rathäusern abgebaut worden. Spätestens mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine aber hat ein Umdenken eingesetzt, die Bundesregierung fordert Kommunen wieder dazu auf, Sirenen neu einzurichten, Schutzräume zu reaktivieren und Notfallpläne auszuarbeiten. Das alles aber brauche Zeit, so Klas: "Wir haben im Zivil- und Katastrophenschutz 30 Jahre lang nur abgebaut. Das kann man nicht wieder in drei Monaten herrichten." Viele Kommunen aber wollten jetzt wieder nachrüsten und die Bundesregierung unterstütze diese Maßnahmen auch finanziell.

In diesem Winter behilft man sich mit sogenannten Leuchttürmen, die mittlerweile in nahezu allen 29 Städten und Gemeinden eingerichtet wurden. Bei diesen Schutzpunkten sollen sich Bürger im Notfall, etwa bei einem Stromausfall, mit dem Allernötigsten versorgen, ihr Handy aufladen, sich mit Wasser oder Essen versorgen oder einfach nur aufwärmen können.

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