Süddeutsche Zeitung

Jahresrückblick:Der Triumph der CSU

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Bei der Landtagswahl glückt den Christsozialen im Landkreis München mit ihren Direktkandidaten Kerstin Schreyer und Maximilian Böltl ein erstaunliches Comeback. Die Grünen schicken trotz leichter Verluste erneut zwei Abgeordnete ins Maximilianeum.

Von Martin Mühlfenzl, Landkreis München

Wie weit Politiker beim Stil auseinander liegen können, zeigt sich in den Tagen und Wochen nach der bayerischen Landtagswahl am 8. Oktober. Einerseits tourt da ein vor Kraft strotzender Ministerpräsident durchs Land. Zwar hat Söder gerade nach 2018 seine zweite Wahl als Landesvater mit der CSU als stärkste Kraft klar gewonnen, aber doch noch einmal 0,2 Prozentpunkte einbüßen müssen und wieder klar die 40-Prozent-Marke verpasst. Doch Söder wäre nicht Söder, wenn er sich nicht als großer Gewinner geben würde. Auf der anderen Seite steht da Kerstin Schreyer. Die vom bayerischen Ministerpräsidenten Anfang 2022 geschasste Staatsministerin für Wohnen und Bauen, die Söder, seitdem sie sich in der Affäre um die zweite Stammstrecke um Aufklärung bemühte, in inniger Abneigung verbunden ist. Demütig nimmt sie ihr persönliches Wahlergebnis auf.

Die Unterhachingerin Schreyer, 52, aber hat - anders als Söder - nicht verloren. Sie hat vielmehr ein nahezu triumphales Comeback gefeiert, das eigentlich kaum mehr jemand für möglich gehalten hat. Denn fünf Jahre zuvor bei der Landtagswahl stand Schreyer gemeinsam mit ihrem Parteikollegen Ernst Weidenbusch fast am Abgrund.

Nur noch etwas mehr als 30 Prozent der Erststimmen holten die beiden Christsozialen in ihren Stimmkreisen (Schreyer in München-Land Süd, Weidenbusch im Norden), die Grünen kamen ihnen bedenklich nahe. Und Schreyer attestierte sich selbst und ihrer Partei damals ein blaues Auge - mit dem sie gerade noch davongekommen seien.

Und diesmal? Schreyer legt nahezu sechs Prozentpunkte bei den Erststimmen auf 38,1 Prozent zu, gewinnt locker das Direktmandat vor Markus Büchler von den Grünen und trotzt dem landesweiten Trend für die CSU. Den Triumph im Landkreis München komplettiert ihr Parteifreund, Kirchheims ehemaliger Bürgermeister Maximilian Böltl, der als Nachfolger des Haarers Weidenbusch ebenfalls auf 38,1 Prozent kommt und zum ersten Mal direkt ins Maximilianeum einzieht.

Der Landkreis München, mit seinen 360 000 Einwohnern der bevölkerungsreichste im Freistaat, bildet Bayern in seiner Heterogenität gut ab. Mit dem fließenden Übergang aus dem ländlichen, traditionellen Raum in die Urbanität. Und doch hat sich bei den vergangenen Wahlen - egal, ob Bundestags-, Landtags oder Kommunalwahl - stets gezeigt: Hier sind die Grünen noch einmal deutlich stärker als im Landesdurchschnitt und die CSU ist klar schwächer.

Doch diesmal haben die Wähler den Trend zumindest für die Christsozialen eindeutig umgekehrt. Die etwas mehr als 38 Prozent der Gesamtstimmen in beiden Stimmkreisen liegen dank der enormen Zugewinne über dem, was Ministerpräsident Markus Söder in ganz Bayern imstande ist zu gewinnen: 37 Prozent. Die kleinen Verluste auf 22,4 Prozent im Stimmkreis Süd und 19,7 Prozent im Norden können die Grünen indes verschmerzen, schicken sich doch mit Claudia Köhler aus Unterhaching und dem Oberschleißheimer Markus Büchler erneut zwei Abgeordnete aus dem Landkreis ins Parlament. Und sie liegen weit über dem landesweiten und enttäuschenden Ergebnis von nur noch 14,4 Prozent ihrer Spitzenkandidaten Katharina Schulze und Ludwig Hartmann.

Für die Freien Wähler ist der Landkreis nach wie vor kein gutes Pflaster

Wären die Ergebnisse aus dem Landkreis München Grundlage einer Regierungsbildung in Bayern, hätte Markus Söder mit noch größerer Freude die Freien Wähler als Koalitionspartner gewählt. Ziemlich geschwächte Freie, für die trotz des Rückenwinds vor allem in Hubert Aiwangers Heimat Niederbayern der größte Regierungsbezirk Oberbayern noch immer kein wirklich gutes Pflaster ist. Im Landkreis München reicht es für die Freien gerade einmal für etwas mehr als zehn Prozent.

Da geht fast unter, dass der ohnehin eher introvertierte Ismaninger Landwirt Nikolaus Kraus in seine dritte Amtsperiode als Abgeordneter geht. Mit 12,8 Prozent der Erststimmen gelingt Kraus ein solides Ergebnis, das aber nur knapp über dem von vor fünf Jahren liegt.

Und die SPD? Die hat ihren Nimbus der zweitstärksten Kraft hinter den Christsozialen, den sie jahrzehntelang innehatte, längst eingebüßt - und sie steht plötzlich gänzlich ohne Abgeordnete aus dem Landkreis München da. Den Rückzug der ehemaligen Landesvorsitzenden Natascha Kohnen aus dem Parlament kann die Kreis-SPD nicht kompensieren; weder Florian Schardt im Stimmkreis Nord noch Christine Himmelberg im Süden schaffen über die Liste den Einzug ins Maximilianeum. Für einen der mitgliederstärksten Unterbezirke der Bayern-SPD ist das ein Dilemma. Nach der Landtagswahl zieht sich dann auch noch Schardt als Chef des Unterbezirks zurück. Ihm folgen auf einem Parteitag in einer Doppelspitze die Taufkirchnerin Himmelberg und der Planegger Korbinian Rüger. Sie sollen die SPD in die Zukunft und wieder zu Mandaten führen. Eine Aufgabe, die schwerer kaum sein könnte.

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