Süddeutsche Zeitung

Landesgartenschau:Kirchheim schwebt in höheren Sphären

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Mit seinem Entwurf für die Landesgartenschau 2024 hat das Berliner Büro Sinai nicht nur die Fachjury überzeugt. Bei der Präsentation der Wettbewerbsarbeiten schwärmt auch das Publikum von Wildnis, Wasser, Wald und Wiesen.

Von Christina Hertel, Kirchheim

"Wie ein kleiner Englischer Garten." "Ein Park, um den die umliegenden Gemeinden und darüberhinaus Kirchheim beneiden werden." "Einzigartig." "Großartig." All diese Komplimente konnte man hören, als am Dienstagabend der Wettbewerbssieger für die Landesgartenschau in Kirchheim präsentiert wurde: das Berliner Büro Sinai.

Der Entwurf der Landschaftsarchitekten aus der Hauptstadt sieht einen Park mit einem 8000 Quadratmeter großen Teich in der Mitte vor, dazu Wäldchen und Wiesen - kurz: viel Wasser, viel Grün, viel Natur. Die Berliner Landschaftsarchitekten entwarfen auch bereits die Pläne für die Bundesgartenschau, die derzeit in Heilbronn stattfindet und wo es ebenfalls einen See gibt.

Ob das Konzept für die Schau in Kirchheim 2024 tatsächlich so umgesetzt wird, muss allerdings erst noch der Gemeinderat entscheiden. Abstimmen wird er darüber voraussichtlich im Herbst. Die Begeisterung für die Idee der Berliner Architekten ist jedenfalls so groß, dass es kaum denkbar erscheint, dass sich die Gemeinde am Ende doch noch für einen anderen entscheidet. Die Jury votierte einstimmig für den Entwurf aus Berlin. Er hob sich so sehr von den übrigen 21 eingereichten Plänen ab, dass kein zweiter Platz vergeben wurde, sondern stattdessen bloß drei gleichwertige dritte Plätze.

Besonders gefiel den Preisrichtern der große Teich vor dem zukünftigen Rathaus. Er soll Schilfinseln und eine variable Wassertiefe haben, Stege sollen hineinragen und es soll "balkonartige" Uferplätze geben, wie die Architekten in dem Text zu ihrem Entwurf schreiben. Auch nach der Gartenschau sei ein Café denkbar, sagte der Kirchheimer Bürgermeister Maximilian Böltl (CSU). Baden werden die Besucher dort aber nicht können - dazu ist das Gewässer zu seicht.

Überzeugt hat an der Idee auch, dass möglichst viel Natur erhalten bleibt. So soll es zum Beispiel im Norden einen Bereich geben, wo Pflanzen wild wachsen sollen, mit Spielzellen und Lernlichtungen darin, die über Stege miteinander verbunden werden. Auch im Süden soll ein bereits existierendes Wäldchen bestehen bleiben. Besonderheiten sind neben dem großen Teich ein Aussichtspunkt, ein Apfelwäldchen, ein Wasserspielplatz, eine Minigolfanlage, ein Pavillon mit Feuerstelle und ein Lesegarten bei der Bücherei. Angeordnet sind die verschiedenen Bereiche Wildnis, Wasser, Wald, Wiesen, von den Planern "Sphären" genannt, entlang eines Weges, der eine Acht formt.

Größter Knackpunkt könnte beim Siegerentwurf das Geld sein: Der Kirchheimer Bürgermeister Böltl gibt zu, dass die Jury über die möglichen Kosten eine Weile diskutiert habe. Schließlich muss das Bassin erst einmal ausgehoben werden, es braucht eine Konstruktion, damit das Wasser nicht in der Münchner Schotterebene versickert. Später muss der Teich gewartet und gereinigt werden. Doch letztlich habe sich die Jury überzeugen lassen, weil der Park ansonsten recht kostengünstig gebaut werden könne.

Park-Plätzchen

An kleinen "Park-Plätzchen" sollen sich die Besucher in dem drittplatzierten Entwurf der Architekten Barbara Hutter und Stefan Reimann aus Berlin treffen - zum Beispiel im Norden zum Boulespielen, im Süden auf eine Partie Tischtennis oder am "zentralen Park-Plätzchen" zwischen Schulen und Kinderhaus, wo sich die beiden Architekten einen künstlichen Berg vorstellen - mit Wasserfall und Kletterwänden. Der Gemeindepark solle ein "interkulturelles Zentrum für alle Generationen" sein, heißt es in der Beschreibung. Bei der Wohnbebauung wollen sie Obstbäume pflanzen, im nördlichen Waldbiotop einen Naturlehrpfad anlegen. Enthalten ist in diesem Plan auch eine Neugestaltung des Bahnhofsplatzes. Dort soll es Sitzmöglichkeiten und ein Parkhaus für Fahrräder geben. Teil des Konzepts ist auch, dass sich viele Menschen einbringen: etwa in einem Gemeinschaftsgarten für Schüler und Senioren. chrh

Wiesen und Bäume

In dem Entwurf des Landschaftsarchitekten Franz Reschke aus Berlin fällt gleich viermal das Wort "Wiese": Er stellt sich eine raue Trockenwiese beim Rathaus vor, auf der Feldthymian und Heidenelken wachsen. Dahinter eine Parkwiese mit Weißklee und Gräsern, dazwischen eine Wiesenterrasse, dann noch eine zart violette Salbeiwiese, die nur selten gemäht wird. Außerdem gibt es in dem drittplatzierten Entwurf viele verschiedene Baumsorten. Etwa eine Kastanienallee im Süden, eine Fliedergruppe im Norden und besondere Obstsorten im Westen - etwa Kirschepflaume und Wildbirne. Würde der Plan realisiert, könnten die Besucher durch einen Bienenlehrpfad spazieren, an einer Boulderwand klettern und Minigolf spielen. Positiv sah die Jury, dass der Entwurf viel der bestehenden Natur erhalten würde - etwa das Wäldchen. Kritikpunkt: Eine gewisse "Gleichförmigkeit" sei erkennbar. chrh

Amphitheater

Ein Wasserbecken ist auch in dem Entwurf der Architekten Klaus Neumann und Wolf Auch aus dem Büro "realgrün" enthalten. Es befindet sich so wie in dem Siegerentwurf vor dem Rathaus. Dort siedeln sie außerdem ein Amphitheater auf Rasenstufen an. Von einem Turm im Norden aus könnten die Besucher den gesamten Park überblicken. Positiv sah die Jury in diesem Entwurf, der ebenfalls den dritten Platz belegte, dass er das Areal rund um die Cantatekirche im Norden einbezieht: Dort sehen die Planer einen Minigolfplatz und Waldstauden vor. Für Jugendliche und Kinder planen sie verschiedene Aktivitäten ein: eine Dirtbikebahn, unterschiedliche Spielplätze - etwa einen Fitnessspielplatz und Waldspielplatz mit Klettermöglichkeiten und ein "grünes Klassenzimmer", um draußen zu lernen. Beim Haus für Kinder soll ein Biergarten entstehen und in der Nähe des Seniorenzentrums eine Boulebahn. chrh

Die Waldbereiche sollen hauptsächlich aus bereits bestehenden Bäumen entstehen. Auch die Wiesen seien pflegeleicht. So könnten die Kosten für den Teich ausgeglichen werden, meint Böltl. Um Geld zu sparen, müssen die Planer das Gewässer im Süden möglicherweise etwas verkleinern. Um welche Summen es genau geht, verrät der Bürgermeister nicht. Das müsse erst noch kalkuliert werden. In der Auslobung des Wettbewerbs war jedoch von einem Kostenrahmen von etwa zehn Millionen Euro die Rede, an dem sich die Architekten orientieren sollten.

Eingezeichnet ist in den Plan außerdem bereits der Bürgersaal. Der Kirchheimer Gemeinderat hat sich bis jetzt allerdings noch nicht entschieden, wann dieser gebaut werden soll. Bisher halten sich die Gemeinderäte die Option offen, diesen erst nach der Gartenschau fertigzustellen. "So wie die Pläne jetzt sind, führt fast kein Weg mehr vorbei, den Saal gleich zu bauen", sagt Gemeinderat Gerd Kleiber von der FDP, der ebenfalls in der Jury saß.

Er werde auch darauf dringen, dass in dem Bereich ein Biergarten entsteht. Einzelhandel war in den Plänen bislang nicht vorgesehen - um den bestehenden Ortskernen keine Konkurrenz zu machen. Entscheiden muss über all diese Fragen der Gemeinderat im Herbst. Als nächstes führt die Gemeinde erst einmal Gespräche, auch mit den Drittplatzierten. Erst nachdem sich der Gemeinderat festgelegt hat, planen die Landschaftsarchitekten die Details.

Ansehen können sich Interessierte alle eingereichten Entwürfe im Untergeschoss des Hotels Dormero an der Räterstraße 9 in Heimstetten. Die Öffnungszeiten sind: Montag bis Donnerstag 17 bis 19 Uhr, Freitag 16 bis 18 Uhr, Samstag, 14 bis 16 Uhr, Sonntag, 10 bis 12 Uhr.

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Quelle:
SZ vom 18.07.2019
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