Süddeutsche Zeitung

Bildende Kunst:Schauspieler als Maler

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Armin Müller-Stahl stellt in der Galerie Kersten in Brunnthal aus.

Von Michael Morosow, Brunnthal

Er gilt als Tausendsassa der Schönen Künste, der Schauspieler, Musiker, Maler und Schriftsteller Armin Müller-Stahl. Und er ist ein kritischer Geist, der sich politisch engagiert und auf seine Weise eingreift in die Weltläufe - mit Pinsel und Farbe und oder mit spitzer Feder. An diesem Montag, 1. Oktober, erscheint im Cantz-Verlag sein neuer Bildband "Der wien Vogel fliegen kann", aufgebaut auf das gleichnamige Gedicht, das er dazu verfasst hat.

Am Sonntag kam der Künstler nach Brunnthal zur Eröffnung der Herbstausstellung in der Galerie Kersten, in der vier Wochen lang mehr als hundert seiner Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen, Lithografien, Farbradierungen, Siebdrucke und Grafiken an den Wänden hängen. Die Bilder seien seine Art zu fliegen, hatte der 87-Jährige einst gesagt.

Beim Malen und Fliegen, da sei er frei, ließ er nun die Gäste bei der Vernissage wissen. Den ersten Teil des Gedichts hatte der Künstler 1968 über die Berliner Mauer geschrieben, nun, im zweiten Teil, nimmt er sich der Präsidenten an, stellvertretend für alle Diktatoren, "die 2016 wie Pilze aus dem Boden schossen", und stellvertretend für Unrecht, Rassenhass und Ausländerfeindlichkeit.

Es sind freilich nicht nur klare politische Aussagen, die den Besucher erwarten. Auf dem Weg durch die Ausstellung begegnen sie ehemaligen und aktuellen Größen der Schauspielkunst wie Marlene Dietrich, Leonard Cohen und Penelope Cruz, und sehr oft grüßt William Shakespeare von der Wand, beziehungsweise einige tragischen Helden seiner Werke.

"Da, der Faust mit dem Mephisto", ruft eine geladene Besucherin ihrem Begleiter zu und deutet auf einen Siebdruck zum literarischen Welterbe-Satz: "Da steh ich nun, ich armer Tor..." Porträts, die in Beziehung stehen zu Figuren aus Film, Literatur, Musik und Politik, nehmen eine herausragende Stellung in der Ausstellung ein. Das heißt aber auch, dass der Kunstgenuss der Betrachter umso größer ist, desto mehr sie über diese Figuren wissen. Es setze Wissen voraus über die Personen, sagte auch Laudator Holger Weinstock.

"Ich schöpfe aus meinem Schauspieler-Fundus", erklärte Armin Müller-Stahl, der seine Werke in der Brunnthaler Galerie offenbar sehr gut aufgehoben sieht. Vor allem die Werke, die mit Fliegen und Freiheit zu tun haben. Die Bilder seien sehr gut kuratiert, "Sie haben gewusst, welche Bilder Freiheiten brauchen", lobte er die Galeristen.

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Quelle:
SZ vom 01.10.2018
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