Süddeutsche Zeitung

Kulturprogramm:Heiliges und Sündiges

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Die kommende Taufkirchner Spielzeit bietet vielfältige Verführungen und läuft diesmal planmäßig nur bis Ende des Jahres. Der Kampf ums Publikum bleibt spannend, vor allem ums jüngere.

Von Udo Watter, Taufkirchen

Wer ein Kulturzentrum oder Bürgerhaus leitet, weiß, dass es kaum ein größere professionelle Herausforderung gibt: Junge Menschen in die Häuser zu locken, ein Publikum jenseits des tendenziell weißhaarigen Abo-Publikums ("Silbersee") anzuziehen. Michael Blume, Chef des Kultur-und-Kongresszentrums Taufkirchen, ist einer, der das immer wieder im Blick hat, und neigt als Freund rockiger Klänge selbst ohnehin nicht zu dezidiert erwachsener Kultursteifheit. Natürlich schafft er es auch ab und an, Veranstaltungen in der Gemeinde auf die Beine zu stellen, bei denen aufgeregtes Stimmengewirr von Teenagern und Twens und dunkles oder blondes Haupthaar dominieren. Eine Show wie "Breakin' Mozart" im April etwa, bei der urbane akrobatische Tanzeinlagen mit Wiener Klassik kombiniert werden, findet immer ihr junges Publikum. Generell freilich ist es, wie es ist: Das klassische kulturelle Milieu bleibt eher eine Sache der Älteren, ein Wahl-Abo gilt immer noch nicht als Signum juveniler Coolness.

"Es ist schwierig und es bleibt schwierig", sagt Blume. "Man kann sich da überlegen, was man will." Wie manche seiner Kolleginnen und Kollegen aus dem Landkreis würde er sich hierbei mitunter auch mehr Kooperationsbereitschaft von Seiten der Schulen wünschen - was etwa den Besuch von Theatervorstellungen angeht. Für das Konzert der Asia Youth Orchestra am 13. August im Kultur- und Kongresszentrum habe man jetzt bei verschiedenen Musikschulen geworben, bisher (und allgemein) ist die Resonanz noch verhalten. Kein Wunder. Generell ist die Situation für die Kultur in den zurückliegenden Wochen und Monate ja vielerorts suboptimal, was den Zuspruch angeht.

"Die Jungen, die zwischen 15 und 30 Jahren, die gehen auf Festivals", sagt Blume. Und die Älteren sparten sich offenbar das Geld für den Theaterbesuch oder das Abo, eventuell komme jetzt noch die Aussicht auf den mutmaßlich harten Winter (Energiekrise) hinzu und bei einigen älteren Menschen nach wie vor die Angst vor Corona. Blume ist indes keiner, der deswegen zur Resignation neigt.

Er freut sich auf die kommende Saison in Taufkirchen, die, wie im aktuellen Programmheft festgehalten, von September bis Dezember läuft und wieder als Abo zu buchen ist. Heuer ist sie etwas kürzer konzipiert als gewöhnlich, um flexibler bei nötigen Änderungen zu sein. Auch Einzelkarten kann man schon bestellen und da gibt es durchaus Vorstellungen, die richtig gut laufen im Vorverkauf, auch wenn sie inhaltlich im Moment noch weit weg scheinen. Ein Renner etwa ist "Heilige Nacht": Die Weihnachtslegende von Ludwig Thoma wird am 27. November gelesen vom bekannten und unkonventionellen Münchner Pfarrer Rainer Maria Schießler, musikalisch begleitet vom Geschwister-Siferlinger-Trio - es gibt von Thoma geschriebene Gesänge dazu.

Das Weihnachtsprogramm wird auffällig, kontrastreich - und frivol

Überhaupt ist das Weihnachtsprogramm auffällig ausgeprägt, interessant dürfte etwa auch das Historienmusical "Stille Nacht - ein Notenblatt des Himmels" am 11. Dezember werden, in dem es um die Entstehung des berühmtesten Weihnachtsliedes der Welt im österreichischen Oberndorf geht. Hinzu kommt noch eine "Motown goes Christmas"-Party mit groovigen Weihnachtsarrangements am 23. Dezember und schon Ende November Bachs Weihnachtsoratorium. Als sündiger Kontrast passt dazu ganz gut die zweimalige Auflage von "Let's Burlesque" im Dezember, die frivole Bühnenshow aus Berlin soll nun nach mehrmaliger Verschiebung endlich statt finden (1. und 2. Dezember).

Generell bedient das Programm wieder verschiedene Genres, dazu gehört natürlich auch Kabarett, etwa mit dem fein- und scharfsinnigen Andreas Rebers ("Ich helfe gern", 28. Oktober) oder der im südlichen Bayern noch nicht so bekannten Daphne de Luxe, die in der ARD-Ladies-Night mitwirkt und als "Barbie im XL-Format" Comedy mit Wucht und Selbstironie macht. "Sie ist witzig und mondän. Das ist mal was anderes", sagt Blume.

Der mitunter ungeduldige Taufkirchner Kulturamtsleiter ist, auch wenn manches nicht so schnell geht wie er wünscht, nach wie vor voller Energie. Zupass kommt ihm, dass die Gemeindepolitik die Kultur unterstützt: So wird eine neue Tonanlage für das Kulturzentrum bestellt, die rund 200 000 Euro kostet. "Eine richtig geile Anlage", wie Blume es ausdrückt. Auch so eine Ausstattung ist ja kein schlechtes Argument, um jüngere Besucher anzulocken.

Weitere Informationen, auch zum Abo, gibt es unter https://kulturzentrum-taufkirchen.de/home.html

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