Süddeutsche Zeitung

Höhenkirchen-Siegertsbrunn:Die Rechnung ohne den Prüfer gemacht

Lesezeit: 2 min

Im Höhenkirchner Rathaus sind die Finanzen jahrelang nicht kontrolliert worden - die Unterlagen blieben einfach liegen.

Von Bernhard Lohr, Höhenkirchen-Siegertsbrunn

Sie kontrollieren Belege, schauen in Kassenbücher und monieren, wenn die Kämmerei ausstehende Gebühren nicht zügig eingefordert hat. Die vom Gemeinderat bestellten Rechnungsprüfer stellen sicher, dass in der Finanzverwaltung eines Rathauses alles korrekt gelaufen ist. In Höhenkirchen-Siegertsbrunn ist diese Kontrollinstanz zuletzt ausgefallen.

Wie jetzt bekannt wurde, wurden Prüfberichte aus den Jahren 2010 bis 2012 nicht abschließend behandelt. Die Jahre 2014 bis 2017 wurden laut Auskunft aus dem Rathaus noch gar nicht unter die Lupe genommen. Der Vorsitzende des Gremiums, Unabhängige-Bürger-Fraktionschef Ulrich Bug, hat die Verantwortung für die Versäumnisse übernommen.

Die Angelegenheit kam jetzt im Hauptausschuss des Gemeinderats auf den Tisch. Das Gremium musste entscheiden, ob das, was der mit ehrenamtlichen Gemeinderäten besetzte Rechnungsprüfungsausschuss bei seinem Blick in Belege und Akten herausgefunden hat, dafür geeignet ist, die Bürgermeisterin als Chefin der Verwaltung für die Finanzabläufe im Rathaus in den Jahren 2010, 2011 und 2012 zu entlasten. Das geschah einstimmig. Beanstandungen in der Sache gab es nicht. Allerdings herrschte Redebedarf, weil Fristen massiv ignoriert worden waren.

Was wäre bei einem neuen Bürgermeister im Rathaus?

Denn es war lediglich dem Zufall zu verdanken, dass die Angelegenheit nicht völlig zur Farce verkommen ist. Nicht nur, dass Gemeinderäte jetzt im Jahr 2018 über Vorgänge zu befinden hatten, die in eine Zeit zurückreichen, als sie womöglich noch gar nicht dem Gemeinderat angehörten. Wenn Bürgermeisterin Ursula Mayer (CSU) bei der Kommunalwahl 2014 nicht wieder angetreten wäre, hätte das Gremium über eine Bürgermeisterin urteilen müssen, die gar nicht mehr im Amt ist. CSU-Fraktionschef Roland Spingler sprach deshalb von einem "erheblichen Verstoß" durch den Rechnungsprüfungsausschuss.

Wie das Landratsamt auf Anfrage mitteilt, schreibt die Gemeindeordnung für die sogenannte örtliche Prüfung - im Unterschied zur überörtlichen Prüfung durch externe Stellen - eine Frist von zwölf Monaten nach Abschluss des Haushaltsjahres vor. Wann dann in öffentlicher Sitzung die Entlastung zu erfolgen hat, ist offenbar nicht exakt geregelt. Das Landratsamt äußert sich dazu nicht. Der Ausschussvorsitzende Bug, der seit vielen Jahren das Amt innehat, räumt ein persönliches Versäumnis ein. Er sei "untröstlich". "Die Kritik ist völlig berechtigt", sagte er im Gemeinderat und stellte anheim, einen neuen Vorsitzenden zu wählen, was im übrigen Peter Triebswetter (Grüne) ablehnte. Er zumindest nahm Bug die Sache nicht krumm.

Wie es zu dem Versäumnis hat kommen können, ist manchem Beteiligten selbst ein Rätsel. Bug selbst wollte sich nicht weiter erklären. Aus dem Rathaus heißt es, da sei wohl was vergessen worden. Die Finanzen der Jahre 2010 bis 2012 wurden offenkundig noch einigermaßen zeitnah inspiziert. Bürgermeisterin Mayer sprach auf Anfrage von Prüfungen etwa drei Jahre nach Abschluss des Geschäftsjahrs, also zwei Jahre später als von der Gemeindeordnung vorgeschrieben. Der Prüfbericht wurde dann erstellt. Doch dann blieb alles einfach liegen. Bug sagte, er habe es versäumt, das Prüfergebnis in "Formbögen" weiter aufzubereiten, um es im Gemeinderat einbringen zu können. Erst jetzt im Juni habe er das erledigt.

Die Vergangenheit ist damit nicht aufgearbeitet. Belege und Akten aus dem Jahr 2013 wurden Bug zufolge zwar inspiziert. Für die vergangenen vier Jahre steht Bürgermeisterin Mayer zufolge aber ein Termin für die Prüfung aus. Mayer bezeichnete das alles auf Anfrage als "abenteuerlich". Sie wies aber zugleich eine persönliche Verantwortung und eine Schuld der Verwaltung von sich. Der Rechnungsprüfungsausschuss sei vom Gemeinderat bestellt und agiere unabhängig. Das Rathaus könne nicht mehr machen, als auf Fristen hinzuweisen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4047214
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 10.07.2018
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.