Süddeutsche Zeitung

Kommunalwahl im Landkreis München:Neuanfang in Oberschleißheim

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Die SPD verliert das Rathaus: Ihr Kandidat Florian Spirkl scheitert knapp, neuer Bürgermeister ist mit 51,8 Prozent Christian Kuchlbauer von den Freien Wählern.

Von Klaus Bachhuber

19 Jahre lang wurde Oberschleißheim von einem Bürgermeister der CSU geführt, der sich auf eine Gemeinderatsmehrheit der CSU stützen konnte. Darauf folgte 18 Jahre lang eine Bürgermeisterin plus Ratsmehrheit der SPD. Und jetzt darf ein Parteifreier ran. Mit 2299 Stimmen - das waren 51,8 Prozent - wurde Christian Kuchlbauer (Freie Wähler) am Sonntag in der Stichwahl zum Bürgermeister gewählt, Florian Spirkl (SPD) erreichte 2142 Stimmen. Das entsprach 48,2 Prozent.

Kuchlbauer war zur Stichwahl auch von der CSU unterstützt worden. Spirkl war von SPD und FDP nominiert worden, in der Stichwahl stellten sich auch die Grünen hinter ihn. Im ersten Wahlgang war Spirkl mit 1638 zu 1487 Stimmen noch rund 150 Stimmen vor Kuchlbauer gelegen, eine Distanz, die sich bei der Stichwahl nun nahezu umdrehte.

Ihn erwarte "eine schwierige Aufgabe, auf die ich mich aber trotzdem freue", sagte der 53-jährige Kuchlbauer in einer ersten Reaktion. Beim Handshake mit Spirkl bedankte er sich für einen fairen Wahlkampf. Dass es eng werden würde, sei zu erwarten gewesen, betonte Kuchlbauer. Zeitweise war es sogar sehr eng: Nach der Auszählung von exakt der Hälfte aller Stimmbezirke trennten die beiden Kandidaten am Sonntagabend zwei Stimmen. Aber während Spirkl an den Urnen knapp die Nase vorne hatte, votierten die Briefwähler eindeutig für Kuchlbauer. Die Wahlbeteiligung lag bei 50,7 Prozent.

Anders als vor 14 Tagen waren nur eine Handvoll Interessierte ins Rathaus gekommen, um den Ausgang der Stichwahl mitzuerleben. Während Florian Spirkl nur zum Gratulieren vorbeikam, bewiesen Christian Kuchlbauer und seine Familie Sitzfleisch. Sie harrten von 18 Uhr an aus, bis auch der letzte der 16 Stimmbezirke ausgezählt war. Das dauerte, wie in Oberschleißheim üblich, eine ganze Weile. Meldeten die ersten 14 Stimmbezirke noch fast im Minutentakt ihr Ergebnis, trat danach eine längere Pause ein. Der Server der Gemeinde Oberschleißheim war zeitweise nicht erreichbar.

Nach der Auszählung hatte die scheidende Bürgermeisterin Elisabeth Ziegler (SPD) eine Spontan-Analyse bei der Hand: "Mit der Unterstützung der CSU war mir klar, wie das ausgehen wird", sagte sie. Spirkl, sichtlich um Fassung ringend, wollte da eher auf eine tiefergehende Betrachtung vertrösten. "Die CSU hat schon mehr Leute im Kreuz", räumte er ein, "aber davon haben auch nicht alle Kuchlbauer gewählt." Der Erfolg bei den "live-Wählern" im Wahllokal habe gezeigt, dass der Endspurt von SPD, Grünen und FDP mit dem Schwerpunktthema politischer Erfahrung und dem Fest am Volksfestplatz schon gezogen habe, urteilte Spirkl.

Der neue Bürgermeister bewertete es als ausschlaggebend, "dass insgesamt die Leute schon einen Politikwechsel wollten". Spirkl, seit zwölf Jahren in Zieglers Fraktion im Gemeinderat, hatte doch im Wesentlichen die Fortsetzung der bewährten Politik versprochen. Mit der Wahl Kuchlbauers haben Freie Wähler und CSU, die Stichwahl-Verbündeten, nun 13 Stimmen und damit eine wenn auch knappe Mehrheit im Gemeinderat. SPD, Grüne und FDP kämen zusammen auf zwölf Stimmen. Projekte, die 18 Jahre lang an der SPD gescheitert sind, könnten mit der neuen Mehrheit nun realisiert werden.

Inhaltlich wollte sich Kuchlbauer am Sonntag zu ersten Themen oder Projekten noch nicht äußern, er müsse sich jetzt erst einmal ins Rathaus einarbeiten. Einstiegsseminare für Bürgermeister sind bereits gebucht. Als Nachrücker für Kuchlbauer zieht auf der Liste der Freien Wähler Edgar Putz in den Gemeinderat ein. Schon bei den Gemeinderatswahlen vor 14 Tagen waren die Freien Wähler die großen Gewinner gewesen und hatten die Zahl ihrer Mandate von drei auf sechs verdoppelt. Nach der Stichwahl kommt jetzt noch der siebte Sitz dazu - der Bürgermeisterstuhl.

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Quelle:
SZ vom 31.03.2014
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