Süddeutsche Zeitung

Infrastrukturprojekte:Mehr Platz für den Stau

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Wieder einmal handelt die Autofahrer-Regierung im Sinne der Autofahrer-Nation. Im nördlichen Landkreis aber fragen sich viele, in welcher Schublade die Pläne einer zukunftsweisenden Verkehrspolitik vermodern

Von Sabine Wejsada

Jetzt also auch noch eine Flughafen-Autobahn. Wer sich den aktuellen Bundesverkehrswegeplan genauer ansieht, der wird eines feststellen: die Autofahrer-Regierung in Berlin hat im Sinne der Autofahrer-Nation Deutschland gehandelt. Vor allem im Norden des Landkreises München nimmt man die Ankündigung, die Bundesstraße 471 mit vier Spuren zu versehen und die B 388/B 301 zwischen dem Ismaninger Ortsteil Fischerhäuser und dem Airport im Erdinger Moos auszubauen, mit äußerstem Unbehagen auf.

Noch breitere Straßen, noch mehr Verkehr - und am Ende noch mehr Menschen, die ihre Lebenszeit im Stau vergeuden. Die Vergangenheit hat es gezeigt: Wo auch immer eine Trasse ertüchtigt oder neu errichtet wurde, ist der Strom der Pendler, die mit dem Auto fahren, angeschwollen - auch weil Bus und Bahn vielfach keine Alternative sind. Erinnert sei nur an die Blechlawinen auf der Kreisstraße M 3 bei Unterföhring und die 2015 verlegte Anschlussstelle Aschheim/Ismaning auf der A 99.

Seit 1992 wird über die Express-S-Bahn diskutiert

Die Menschen im Norden Münchens ächzen schon jetzt unter dem Krach und den Abgasen der vielen tausend Autos und Lastwagen, die sich tagtäglich über die Bundes-, Kreis- und Staatsstraßen quälen, auf den Autobahnen A 92, A 94 und A 99 im Stau stehen. Und jetzt also auch noch eine Schnellstraße zum Flughafen, über den Spötter zu Recht lästern, er sei wohl am besten auf dem Luftweg zu erreichen. Seit der Eröffnung 1992 diskutieren Politiker und Betreiber über eine Express-S-Bahn. Bis heute, fast ein Vierteljahrhundert später, ist nichts geschehen.

Nur zu verständlich, dass die Grünen von einer rückwärtsgewandten Verkehrspolitik sprechen und sich die Bürgermeister in den vom Verkehrskollaps bedrohten Kommunen angesichts der im Berliner Verkehrsministerium gelisteten Projekte verwundert die Augen reiben. Und sich eines fragen: In welcher Schublade vermodern bloß all die modernen Konzepte für eine menschen- und umweltverträgliche Mobilität? Innovation sieht anders aus.

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Quelle:
SZ vom 18.03.2016
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