Süddeutsche Zeitung

Klinik-Skandal in München:Weitere Manager vor der Entlassung

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Wer hat noch von den Hygienemängeln gewusst? Im Münchner Klinik-Skandal berät der Aufsichtsrat über die Zukunft der Geschäftsführer. Die CSU fordert personelle Konsequenzen.

D. Hutter, B. Kastner und S. Lode

Im Hygiene-Skandal an den Kliniken Bogenhausen und Neuperlach stehen möglicherweise weitere Suspendierungen bevor. Der Aufsichtsrat der städtischen Klinikgesellschaft will bei einer außerordentlichen Sitzung am Mittwoch über weitere personelle Konsequenzen beraten; nach Informationen der Süddeutschen Zeitung ist dabei auch der Vorsitzende der Geschäftsführung, Manfred Greiner, nicht mehr tabu. Zweifelhaft ist offenbar auch die Rolle einiger Ärzte. CSU-Fraktionschef Josef Schmid forderte, ein Skandal dieser Größenordnung müsse auch personelle Konsequenzen in der Politik haben.

Im Fokus der laufenden Untersuchungen, in die auch die Staatsanwaltschaft eingeschaltet ist, steht offenbar der Zeitraum zwischen August 2009, als erstmals Probleme bekannt wurden, und April 2010: erst da wurde nämlich das Gutachten in Auftrag gegeben. Bis die Vorfälle "lückenlos aufgeklärt" seien, will sich die CSU mit konkreten Rücktrittsforderungen zurückhalten.

Fraktionsvize Hans Podiuk machte aber im SZ-Gespräch klar, dass seiner Ansicht nach vor allem drei Personen politische Verantwortung für die Kliniken tragen: Bürgermeister Hep Monatzeder (Grüne) als Vorsitzender des Aufsichtsrats, Gesundheitsreferent Joachim Lorenz (Grüne) - und Oberbürgermeister Christian Ude (SPD). Auch FDP-Fraktionschef Michael Mattar schimpfte über "das Versagen einer nachhaltigen Aufsicht durch das Gesundheitsreferat und den Aufsichtsrat".

Gesundheitsreferent Lorenz weist Vorwürfe einer mangelnden Kontrolle zurück. Das städtische Gesundheitsamt habe gar nicht das Recht, prophylaktisch tätig zu werden. Andere Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen verfügten über eine Krankenhaushygieneverordnung, in der verbindliche Kontrollzyklen in Kliniken sowie Bußgelder bei Verstößen gegen Hygienebestimmungen festgeschrieben sind. Ein entsprechendes Regelwerk sei im Freistaat erst in der Erstellung - und das auch noch ohne verbindliche Vorgaben für Zyklen und Sanktionen. "Bayern ist da leider Schlusslicht", ärgert sich Lorenz, der nach eigenen Angaben schon mehrfach eine wirkungsvolle Hygieneverordnung angemahnt hat.

Die Frage wer wann was wusste, wird jedoch offenbar nicht nur der Geschäftsführung gestellt. Ein Mitglied des Aufsichtsrats sieht neben dem bereits geschassten Geschäftsführer Reinhard Fuß auch den Hygiene-Chefarzt Anton Hartinger "zumindest in der Teilverantwortung". Jetzt müsse ermittelt werden, wer noch involviert gewesen sei. "Es hat aber den Anschein, dass der Hygiene-Chefarzt nicht sofort adäquat gehandelt hat."

Bürgermeister Hep Monatzeder hielt sich am Montag bedeckt über den weiteren Fortschritt der Ermittlungen, die ganz offenkundig Schlimmes zu Tage fördern. "Wir wissen noch nicht genau, wie es weitergeht", seufzte der spürbar erschöpfte Aufsichtsratsvorsitzende. Immerhin sei der Operationsbetrieb am Montag wieder eingeschränkt angelaufen. Rund 50 Prozent aller Eingriffe hätten stattgefunden. In Bogenhausen sind Hygienemängel sind nicht die einzigen Probleme. Der Betriebsrat beklagt sich über massive Arbeitsüberlastung: "Es dreht sich alles nur noch um Leistungssteigerung", hieß es bereits im Februar in einem offenen Brief. "In allen Bereichen" herrsche "chronisch personelle Unterbesetzung".

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Quelle:
SZ vom 13.07.2010
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