Süddeutsche Zeitung

Klimaschutz:Der Geist von Rio lebt

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In Garching gibt es seit 20 Jahren eine Agenda-21-Gruppe, die sich unermüdlich für den Klimaschutz einsetzt. Vor allem auf dem Forschungscampus gibt es nach Ansicht des Vorsitzenden Wolfgang Ochs noch viel zu verbessern.

Von Gudrun Passarge, Garching

Baumpflanzungen im Bürgerpark, Beiträge zum Stadtentwicklungsprozess, die Wiederbelebung des Bachlaufs der Gießen oder Aufklärungsarbeit - die lokale Agenda-21-Gruppe in Garching kann 20 Jahre nach ihrer Gründung auf einige Erfolge zurückblicken. Aber sie hat sich auch für die Zukunft noch einiges vorgenommen. Im Fokus steht hier die Garchinger Energiewende.

Es ist genau 20 Jahre her, dass der damalige Bürgermeister Helmut Karl (SPD) die lokale Agendagruppe gründete. Den Vorsitz übernahm seinerzeit Henning Verbeek, der dieses Amt zehn Jahre lang ausübte, seine Nachfolgerin wurde Vesselinka Koch, die bis heute Vorsitzende ist. Stellvertreter ist Wolfgang Ochs, der von Beginn an dabei war. Anlass für die Gründung war der internationale Vertrag "Agenda 21", der von der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio im Juni 1992 beschlossen wurde. Auch Gruppen auf kommunaler Ebene waren damals aufgefordert, die Ziele der Nachhaltigkeit mit umzusetzen. Wer die Agenda-Gruppe nach ihren Erfolgen fragt, bekommt eine lange Liste mit unterschiedlichen Themen zur Antwort. Ochs, der für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist, nennt etwa die umfangreichen Arbeiten zur Wiederbelebung des Bachlaufs der Gießen 1998. Ziel war es, damit den Auwald zu durchnässen.

Auch bei der Gestaltung des Bürgerparks hat die Agenda mitgewirkt und Sponsoren bei Garchinger Vereinen gesucht, die beispielsweise elf Bäume anlässlich der 1100-Jahrfeier gepflanzt haben. Henning Verbeek erinnert zudem an die zahlreichen Beiträge, die von der Agenda zwischen 2003 und 2006 zum Stadtentwicklungsprozess geliefert wurden. Es ging um das Garchinger Leitbild und die Infrastruktur und Flächennutzung. Die Agenda hat zwei Studien zur nachhaltigen Entwicklung Garchings erarbeitet: 2009 die "Vision Agenda 2021" und 2017 die "Energiewende in Garching", die auch die Klimaziele des Landkreises berücksichtigt.

Ein Erfolg ist die Photovoltaikanlage am Forschungscampus

Der erste Bericht enthält unter anderem eine Bestandsaufnahme des Garchinger Energieverbrauchs. Ochs betont, nach damaliger Schätzung gehe der Stromverbrauch der Stadt zu drei Vierteln auf das Konto des Forschungscampus. "Dazu gibt es bis heute keine anderen Zahlen", sagt Ochs. Der neue Bericht von 2017 beschreibt, wie die Halbierung des CO₂-Ausstoßes entsprechend dem Landkreis-Konzept 29++ erreicht werden könnte. Nach Angaben der Agenda-Gruppe wurden ihre Empfehlungen zur Ermittlung des Stromverbrauchs in Garching seit 2009 und des Strom- und Wärmeverbrauchs kommunaler Immobilien seit 2012 teilweise umgesetzt, teils werden sie es noch. Als Erfolg wertet Ochs auch, dass Galileo, die neue Mitte am Forschungscampus, auf Empfehlung der Agenda eine Photovoltaikanlage bekommt.

Der Tätigkeitsbericht der Agenda umfasst noch mehr Punkte. Etwa die Öffentlichkeitsarbeit. Regelmäßig finden Vorträge zu Themen wie nachhaltige Entwicklung in Zusammenarbeit mit der Volkshochschule Nord statt. Um auch Schüler an diese Themen heranzuführen hat die Agenda mit Hilfe von Sponsoren Energieräder für das Garchinger Gymnasium und die Mittelschule angeschafft. Sie sollen die Bedeutung der Kilowattstunde erfahrbar machen.

Klimaschutzziele mit mehr Bürgerengagement erreichen

Den Klimaschutz haben sich heute viele auf die Fahnen geschrieben. Bleibt da überhaupt noch Raum für die örtliche Agenda-Gruppe? Doch, sagt Ochs. Die Garchinger Energiewende sei ein wichtiges Thema. Es gelte, den Verbrauch der kommunalen Immobilien zu ermitteln und möglicherweise hier nachzurüsten. Ein großes Problem stelle die Erzeugung von Wärme aus regenerativen Quellen dar, denn die Geothermie decke den Bedarf nur zu etwa einem Drittel. Hier schlägt die Agenda einen "Energienutzungsplan" vor, der mit Hilfe des Landkreises erstellt werden sollte.

Nach Meinung von Ochs könnten Kommunen jedoch schneller vorankommen, wenn für den Klimaschutz mehr Mitarbeiter - intern oder durch externe Dienstleistung - tätig wären. Demgegenüber betont Vesselinka Koch, dass die gesetzten Klimaschutzziele auch ohne Personalaufstockung, aber durch mehr Engagement von den Bürgern und weniger Bürokratie in der Verwaltung erreichbar wären.

Und für das "Sorgenkind Forschungscampus", das viel Energie verbraucht und wenig erzeugt, setzen die Agenda-Mitglieder auf den Plus-Energie-Standard - also auf Gebäude, die mehr Energie erzeugen als sie verbrauchen wie etwa das Gymnasium Diedorf, das mit Hilfe von TU-Architekten geplant wurde. Das wäre nicht nur etwas für die neue Grundschule in der Kommunikationszone, findet Ochs.

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Quelle:
SZ vom 19.06.2018
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