Süddeutsche Zeitung

Kirchheim:Lebensraum statt Todesfalle

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Behörden weisen Kritik an Planungen für den See auf der Landesgartenschau 2024 in Kirchheim zurück. Der beschäftigt indes auch die Gerichte.

Von Anna-Maria Salmen, Kirchheim

Noch benötigt man Fantasie, um sich vorzustellen, wie das Gebiet zwischen Kirchheim und Heimstetten in gut einem Jahr zur Landesgartenschau 2024 aussehen wird. Eine Grube deutet immerhin bereits die Umrisse des mehr als 7300 Quadratmeter großen Sees an, der das Herzstück des neuen Parks werden soll. Jüngst hat dieser jedoch Kritik auf sich gezogen: Der Kirchheimer Christian Eichhorn befürchtet, dass die beiden Retentionsfilter, die das Wasser rein halten sollen, "Todesfallen" für Kleintiere darstellen könnten. Die dort vorgesehenen 60 Zentimeter hohen Steilwände seien "unüberwindliche Hindernisse" - Tiere müssten bis zum Erschöpfungstod schwimmen, um aus dem Wasser zu gelangen, oder würden ertrinken.

Seine Sorge hat Eichhorn, der eigenen Angaben zufolge Bauingenieur ist und beim Wasserwirtschaftsamt für verschiedene Planfeststellungsverfahren zuständig war, auch in der Kirchheimer Bürgerversammlung geäußert und eine Umplanung des Sees gefordert: Auf die Retentionsfilter sollte seiner Ansicht nach verzichtet werden. Eichhorns Antrag blieb jedoch erfolglos, er konnte die Anwesenden nicht überzeugen.

Maximilian Heyland, Geschäftsführer der Kirchheim 2024 GmbH, versteht die Befürchtung ebenfalls nicht. Der See sei von Fachleuten geplant worden, unter anderem in Abstimmung mit der Abteilung Wasserrecht und Wasserwirtschaft des Landkreises München und der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises. Das Landratsamt nimmt in den Ausführungen, mit denen die Genehmigung der für den Bau des Sees nötigen Planfeststellung begründet wird, ebenfalls Bezug auf Steilwände. Diese sind nicht nur im Bereich der Retentionsfilter vorgesehen, sondern auch bei einer Ufermauer im Norden. Diese ist nach Einschätzung der Fachleute "im Hinblick auf Kleintiere unproblematisch". Denn auch an natürlichen Gewässern kämen durchaus längere Strecken vor, an denen es keine Möglichkeit gebe, ans Ufer zu kommen. "Nahezu jegliche Art von Wassertieren kann diese Distanz schwimmend problemlos überbrücken", heißt es in den Ausführungen des Landratsamts. Ohnehin sind an den Retentionsfiltern Notüberläufe geplant, über die die Tiere aus dem Wasser gelangen können.

Klage vor dem Verwaltungsgericht

Der Planfeststellungsbescheid ist bereits seit Längerem Anlass für eine gerichtliche Auseinandersetzung. Der Verein für Landschaftspflege, Artenschutz und Biodiversität (VLAB) zweifelt an, dass das vorangegangene Verfahren ordnungsgemäß abgelaufen ist, und verklagte daher den Freistaat Bayern, der den Bescheid erteilt hatte. Ähnlich wie Eichhorn will auch der VLAB eine Umgestaltung des Sees erreichen, die Retentionsfilter waren dabei ebenfalls ein Kritikpunkt. Das Bayerische Verwaltungsgericht hat die Klage der Naturschützer jedoch abgelehnt, aktuell läuft noch das Berufungsverfahren in der nächsten Instanz. Auch mehrere Versuche des VLAB, einen Baustopp einzuklagen, schlugen fehl.

Eichhorn hatte sich zudem an der Ufergestaltung des Sees gestört. Im Bereich des Rathauses im Norden sind balkonartige Terrassen vorgesehen, der Kirchheimer befürchtet, dass von dort aus Kinder ins Wasser fallen und ertrinken könnten. Auch diese Sorge ist laut Heyland jedoch unbegründet: Am Ufer beträgt die Wasserhöhe gerade einmal bis zu 20 Zentimeter, erst nach zwei Metern wird es tiefer. "Wir haben hier also keine größere Gefahr als an jedem normalen Badesee."

In einer früheren Fassung hieß es fälschlich, der See sei von Fachleuten in Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde und dem Bund Naturschutz geplant worden. Tatsächlich wurde er von Fachleuten unter anderem in Abstimmung mit der Abteilung Wasserrecht und Wasserwirtschaft des Landkreises München und der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises geplant.

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