Süddeutsche Zeitung

Bildende Kunst:Aneta Kajzer ist neue Kallmann-Preisträgerin

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Die 1989 in Kattowitz geborene Künstlerin ist die erste Malerin, die die seit 2018 vergebene Auszeichnung des Ismaninger Museums erhält.

Von Udo Watter, Ismaning

Installationen, Konzeptkunst, skulpturale und fotografische Arbeiten - die bisherigen Gewinnerinnen und Gewinner des Kallmann-Preises übten sich im Wesentlichen nicht in der Gattung, in welcher der Namensträger der Auszeichnung seine sichtbarsten Spuren hinterlassen hat: der Malerei. Anders die Siegerin 2022, die den nach Hans Jürgen Kallmann benannten Preis jetzt erhält: die Berliner Künstlerin Aneta Kajzer.

Die siebenköpfige Fachjury um Rasmus Kleine, Leiter des Kallmann-Museums in Ismaning, hat die 1989 in Kattowitz geborene Malerin für ihre Auseinandersetzung mit dem Thema "Porträt" prämiert. "Kajzers farbintensive Gemälde bewegen sich zwischen Figuration und Abstraktion. Sie sind zugleich freie, gestische Malerei von betörender Sinnlichkeit und lassen doch immer auch Gegenständliches wie Menschen oder Tiere erkennen", heißt es in der Begründung. "Ihre teils großformatigen Gemälde entfalten einen wahren Farbrausch", erklärt Kleine. Neben ihm saßen in der Jury unter anderem Monika Bayer-Wermuth, Kuratorin für zeitgenössische Kunst am Museum Brandhorst, Lena von Goedeke, Kallmann-Preisträgerin von 2020, und Michael Sedlmair, Vorsitzender der Hans-Jürgen-Kallmann-Stiftung und Ismaninger Bürgermeister von 1990 bis 2014. Der deutschlandweit ausgeschriebene Preis ist mit 8500 Euro dotiert. Er richtet den Blick auf zeitgenössische künstlerische Leistungen in den Themen, die Schwerpunkte im Schaffen von Hans Jürgen Kallmann (1908 bis 1991) waren: Porträt, Tier und Landschaft.

Kajzers Arbeiten, in denen keine konkreten Personen zu sehen sind, sondern Gesichter und Körper oder auch nur einzelne Elemente davon wie Augen, Nase, Mund, Hand oder Haare, werden vom 5. November bis zum 29. Januar 2023 in einer Einzelausstellung im Kallmann-Museum präsentiert. "Mal erscheinen die Figuren traurig, liebevoll oder sympathisch, dann wieder grotesk oder komisch, mal niedlich und harmlos, dann wieder unheimlich, oder sie erinnern uns gar an bekannte Gesichter", konstatiert die Jury. Indessen blieben die Gesichter konturlos: "Sie lösen sich wieder auf und verschwimmen in der reinen, bewegten Malerei der Leinwände." Bisweilen lasse sich nicht einmal entscheiden, ob es sich um Mensch oder Tier handelt. Diese Offenheit entspreche dem malerischen Prozess, in dem Aneta Kajzer ihre Bilder entwickelt. Man darf also gespannt sein auf die Werke der in Berlin lebenden Preisträgerin, die schon im Kunstmuseum Bonn oder in den Deichtorhallen Hamburg, aber auch international ausgestellt hat.

Sammler Gerhard Schneider wird anlässlich der Katalogpräsentation eine Führung geben

Derzeit ist in Ismaning freilich noch die beeindruckende Werkschau "Kaleidoskop Expressionismus" zu sehen. Sie blickt auf die Vielfalt expressiver Ausdrucksformen, welche aus dem Aufbruch in die Moderne zu Beginn des 20. Jahrhunderts hervorgegangen sind, bis sie während der NS-Zeit stigmatisiert wurden und als "entartet" galten. Es sind Werke aus der Sammlung Gerhard Schneider, die künstlerische und politisch-gesellschaftliche Entwicklungen bis 1937 widerspiegeln, neben Arbeiten bekannter Künstler werden auch zahlreiche Werke nahezu vergessener Künstler und Künstlerinnen gezeigt.

Zur Ausstellung erscheint jetzt ein umfangreicher und reich bebilderter Katalog (Verlag Kettler), der nicht nur die Werke der aktuellen Ausstellung vorstellt, sondern thematisch darüber hinausgeht. Betrachtet werden unter anderem die Verwerfungen der deutschen Kunstgeschichte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Der Katalog, der Beiträge der Kunsthistorikerinnen Maike Bruhns und Dorothea Eimert sowie von Rasmus Kleine und Gerhard Schneider enthält, wird an diesem Sonntag, 28. August, im Kallmann-Museum vorgestellt, die Präsentation in Ismaning beginnt um 15 Uhr. Zu diesem Anlass wird der 2015 für seine Sammlertätigkeit mit dem Bundesverdienstkreuz geehrte Gerhard Schneider auch durch die Ausstellung führen.

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