Süddeutsche Zeitung

Ismaning:Wohnen im Container für 700 Euro

Lesezeit: 2 min

Von Irmengard Gnau, Ismaning

Dass die angespannte Situation auf dem Mietmarkt in und um München immer weitere Blüten treibt, ist keine Neuigkeit für Wohnungssuchende und Einwohner in der Region. Mit einem auch in diesem Umfeld dreisten Angebot erregt nun aber ein Vermieter aus dem Ismaninger Ortsteil Fischerhäuser Aufsehen.

Er hatte Wohncontainer auf seinem Privatgrund aufgestellt und diese auf einer Immobilienbörse im Internet als Unterkunft angeboten.

Ein Einzelschlafplatz in einem Container für zwei Personen sollte monatlich 350 Euro kosten - bei einer Größe von gerade einmal 14 Quadratmetern ein Preis, den Mieterschützer mit Luxuswohnungen in München vergleichen. Das zweifelhafte Angebot ist inzwischen nicht mehr online zu finden, doch es bekommt nachträglich eine weitere fragwürdige Note: Bei den insgesamt acht Wohncontainern handelt es sich nämlich offenbar um Schwarzbauten.

Offensichtlich ein Rechtsverstoß

Der Gemeinde Ismaning liege weder ein Bauantrag noch eine Genehmigung für die besagten Container vor, sagt Bürgermeister Alexander Greulich (SPD). Der Vermieter verstößt damit gegen öffentliches Recht. "Jeder, der Wohnraum zur Verfügung stellen will, muss das übliche Verfahren durchlaufen", stellt Greulich klar. Das heißt: Er muss bei der jeweiligen Kommune einen Bauantrag stellen. Da das offenkundig versäumt wurde, prüft nun das Landratsamt den Fall.

Zum Stand der Prüfung könne man derzeit keine näheren Auskünfte geben, da es sich um ein laufendes bauaufsichtliches Verfahren handle, teilt die Behörde mit. Ohne Baugenehmigung gebaut zu haben, stellt grundsätzlich eine Ordnungswidrigkeit dar und kann unabhängig vom Bauantragsverfahren in einem Bußgeldverfahren geahndet werden. Daneben, erklärt eine Sprecherin des Landratsamts, prüfe die Behörde, ob Aussicht auf eine nachträgliche Genehmigung besteht. Ist das der Fall, muss der Bauherr den Bauantrag innerhalb einer Frist bei der Gemeinde nachreichen.

Sollte der Ismaninger Grundeigentümer das tun, werde der Gemeinderat sehen müssen, "ob der Antrag genehmigungsfähig ist", sagt Bürgermeister Greulich. Dabei könnte die Lage der potenziellen Wohnanlage entscheidend werden: Das Grundstück, auf dem die Container errichtet wurden, liegt am Rande des Ortsteils Fischerhäuser und unweit der Isarauen, die Landschaftsschutzgebiet sind.

Sieht das Landratsamt bei seiner Prüfung hingegen keine Chance für eine nachträgliche Genehmigung, sondern hält die Containeranlage für unzulässig, droht dem Bauherrn der Erlass einer sogenannten Beseitigungsanordnung, sofern er keine neuen, rechtlich relevanten Punkte zu seinen Gunsten vorbringen kann. Gegen eine solche Anordnung könnte der Bauherr im Zweifelsfall dann Klage vor dem Verwaltungsgericht einlegen.

Die Mietpreisbremse greift in diesem Fall nicht

Ein juristisches Vorgehen gegen den hohen Mietpreis ist hingegen schwieriger. "Das muss man sich genau anschauen", sagt Ismanings Bürgermeister, ehemals selbst Fachanwalt für Miet- und Baurecht. "Wenn Mietpreise erheblich über dem durchschnittlichen Mietpreis liegen - dabei fließen etwa Lage, Größe und Ausstattung einer Wohnung mit ein -, muss man sich rechtlich die Frage stellen, ob Mietwucher vorliegt."

Das nachzuweisen aber ist schwierig, wie Anja Franz vom Mieterverein München bestätigt. Denn um den Tatbestand Mietwucher zu erfüllen, muss der Vermieter eine Mangellage ausnutzen. Eine solche liegt aber in und um München paradoxerweise nicht vor. "Das Problem ist, dass wir keine generelle Mangellage an Wohnraum haben, aber eben an bezahlbarem", sagt Franz. Ein Ansatzpunkt gegen zu hohe Mietforderungen könne die vor einem Jahr in Kraft getretene Mietpreisbremse sein: "Wir raten jedem, der seine Miete für zu hoch hält, seinen Vertrag zumindest von uns prüfen zu lassen und sich im Zweifelsfall zu wehren."

Im Ismaninger Fall greift allerdings die Mietpreisbremse nicht; sie gilt nämlich nicht für möblierte Wohnungen. Greulich sieht ein grundsätzliches Problem der Wachstumsregion im Großraum München: "Was wir erleben, ist, dass bei allen Bemühungen, die Mieten nicht zu weit ansteigen zu lassen, Investoren und Spekulanten unter den Vermietern immer noch genügend Wege offen stehen, um ihr Geschäft zu machen."

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Quelle:
SZ vom 02.12.2016
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