Süddeutsche Zeitung

Hohenbrunn:Gezerre um den Supermarkt

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Die Forderung nach einer Tiefgarage spaltet Hohenbrunn: Am 26. Mai gibt es darüber einen Bürgerentscheid. Dann steht auch ein Ratsbegehren zur Abstimmung, das ein Geschäfts- und Ärztehaus mit Parkplatz fordert

Von Martin Mühlfenzl, Hohenbrunn

Die Hohenbrunner werden in einem Bürgerentscheid darüber abstimmen, ob in dem Neubaugebiet an der Putzbrunner Straße östlich der Brennereistraße eine Tiefgarage statt eines oberirdischen Parkplatzes mit etwa 100 Stellplätzen für den geplanten Supermarkt gebaut werden soll. Dem gegenüber steht ein Ratsbegehren, dem der Gemeinderat am Dienstagabend ebenfalls zugestimmt hat, mit dem der Bau eines Supermarktes mit etwa 1400 Quadratmeter Fläche, eines Ärztehauses samt Apotheke sowie des oberirdischen Parkplatzes endgültig festgezurrt werden sollen. Abgestimmt wird dem Willen des Gemeinderats nach voraussichtlich am 26. Mai, zeitgleich mit der Wahl zum Europäischen Parlament.

Die Pläne für das Neubaugebiet, die auch Wohnungen, Reihen- und Doppelhäuser sowie einen Kreisel an der Kreuzung der Putzbrunner Straße mit der Hubertusstraße vorsehen, sowie entsprechende Verhandlungen mit einem Investor waren bereits weit gediehen, ehe Widerstand gegen den Bau des oberirdischen Parkplatzes und die damit einhergehende Flächenversiegelung aufkam. Binnen weniger Wochen hatte Sigrid Bauer, die Initiatorin des Bürgerbegehrens, mehr als 1100 Unterschriften zusammen, die sie Mitte Februar Bürgermeister Stefan Straßmair (CSU) im Rathaus überreichte.

Chaos durch Bürgerbegehren für größtmögliche Tiefgarage

Nach eingehender Prüfung durch die Gemeindeverwaltung verblieben insgesamt 1074 gültige Unterschriften; mehr als genug, um den Gemeinderat damit zu befassen. Zudem hat die Kommunaufsicht im Landratsamt mitgeteilt, das Bürgerbegehren sei in seiner Formulierung zulässig. Dies bestätigte nun der Hohenbrunner Gemeinderat mit seiner Entscheidung. Dass es zu einem Ratsbegehren kommt, ist meist reine Formsache. Aus Sicht der Gemeindeverwaltung und auch des CSU-Ortsverbandes sogar zwingend notwendig. "Nach bisherigen Aussagen der Firma Rewe und des Investors würde die Verlagerung von Parkplätzen in eine Tiefgarage das gesamte Projekt in Frage stellen", hieß es im Vorfeld aus dem Rathaus.

Helmut Keber, Mitglied im CSU-Ortsvorstand, ließ verlauten, das Bürgerbegehren für eine "größtmögliche Tiefgarage", wie im Bürgerbegehren gefordert, führe "zu einem neuen Durcheinander, weil aus der Fragestellung nicht hervorgeht, welche Konsequenzen sich ergeben und was gewollt ist und was nicht". Daher sei ein Ratsbegehren erforderlich, in dem die Bürger ausdrücklich gefragt werden, "ob der entscheidungsreife Bebauungsplan umgesetzt werden soll".

Bauer indes sagte, sie sei zunächst froh, dass es zum Bürgerentscheid komme, dessen Zulässigkeit auch Bürgermeister Straßmair mit seiner Stimme anerkannt hat. "Mir geht es nicht darum, einen Supermarkt zu verhindern. Ich möchte eine Einkaufsmöglichkeit", sagt Bauer. "Wir wenden uns gegen die enorme Flächenversiegelung und stellen die Frage, ob es ein Supermarkt in dieser Größe sein muss." Sie selbst, sagt Bauer, habe die Fragestellung des Bürgerbegehrens nicht mit dem Bau des Ärztehauses oder der Apotheke verquickt. "So gesehen haben die Initiatoren des Ratsbegehrens das geschickt gemacht. Aber darum geht es eigentlich nicht."

Ein emotional aufgeladenes Thema

Die Gemeinderatssitzung am Dienstagabend machte aber deutlich, wie emotional aufgeladen das Thema ist. Selten zu vor hatten sich so viele Bürger bei einer Zusammenkunft des Gremiums eingefunden, in der Aula der Riemerlinger Grundschule musste extra eine Wand herausgenommen werden ob des Andrangs. Unter den Gästen befanden sich vor allem Befürworter des Baus eines Supermarktes und machten dies auch teilweise lautstark und mit Applaus deutlich. Auch die SPD im Gemeinderat hatte den Initiatoren bereits im Vorfeld der Sitzung vorgeworfen, sie wollten den Investor zum Bau einer Tiefgarage "zwingen". Mehr noch, das Bürgerbegehren solle "den Bau des gesamten Neubauareals verhindern".

Dem Willen von mehr als 1000 Bürgern konnten sich die Gemeinderäte nicht verschließen. Wolfgang Schmidhuber (Grüne) warb nach der Sitzung für eine Versachlichung der Debatte, sagte aber auch, die Gemeinde dürfe sich vom Investor "nicht treiben lassen" und müsse unabhängig vom Ausgang der beiden Abstimmungen - oder vom Ergebnis einer Stichfrage - ihren Handlungsspielraum behalten. Es könne auch passieren, dass der Prozess ganz von vorne los geht: "Wenn die Mehrheit der Bürger das will oder der Investor sagt, er mag nicht mehr." Von Drohungen dürfe sich der Gemeinderat nicht beeinflussen lassen, sagte er. "Ich bin auch für eine Einkaufsmöglichkeit in Hohenbrunn. Viele Stadtplaner sagen aber, man sollte so was innerörtlich verwirklichen. Das bräuchte Hohenbrunn, was der Ort nicht braucht, ist mehr Verkehr", sagte Schmidhuber.

Bevor nun am Sonntag, 26. Mai, abgestimmt wird, soll es aber noch einmal Gespräche geben. Der Gemeinderat nahm den Antrag der Mitglieder Pauline Miller, Andreas Schlick und Alfred Rietzler (alle ÜWG/Freie Wähler/Bürgerforum) mehrheitlich an, noch einmal einen Runden Tisch mit den Initiatoren des Bürgerbegehrens, dem Investor, der Gemeindeverwaltung und des Gemeinderats einzurichten.

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Quelle:
SZ vom 14.03.2019
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