Süddeutsche Zeitung

Haushaltsberatung:Rücklagen kosten nur Geld

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Pullachs Kämmerer erläutert im Gemeinderat, warum sich Investitionen derzeit lohnen

Von Michael Morosow, Pullach

Mit einem Haushaltsvolumen in Höhe von 113 Millionen Euro bleibt die Gemeinde Pullach laut dem Haushaltsplan für 2020 zwar unter den Rekordzahlen des Vorjahres (125 Millionen Euro), aber bange wird es deshalb niemanden im Gemeinderat der drittreichsten Kommune im Landkreis München. In der Regel, so weiß man, sind die Einnahmen am Ende höher als angesetzt und die Ausgaben geringer, weil viele Posten ins neue Jahr verschoben werden. Und außerdem waren die Gründe für den Rekordhaushalt 2019 exorbitant hohe Gewerbesteuereinnahmen gewesen, auch wenn diese darauf zurückzuführen waren, dass gleich mehrere Unternehmen im Ort Verkäufe tätigten und dementsprechend höhere Abgaben entrichten mussten.

"Die Ambitionen der Gemeinde sind sehr hoch, es bleibt spannend", kündigte der Pullacher Kämmerer André Schneider am Dienstagabend in der Gemeinderatssitzung an. Spannend dürfte dabei insbesondere sein, wie viele der wichtigsten und teuersten Vorhaben die Gemeinde in den nächsten Jahren verwirklicht und wie viel Geld am Ende noch im Rücklagentopf verbleibt. Bis Ende 2018 war das Vermögen auf insgesamt 82 Millionen Euro angewachsen.

"Das ist ein Superergebnis, Gratulation", sagte denn auch Reinhard Vennekold von der Wählergruppe Wir in Pullach (WIP), ehe er ziemlich viel Wermut in den Freudenbecher kippte. Der WIP-Fraktionschef erinnerte an die teuren Großprojekte mit einem Gesamtvolumen in Höhe von 165 Millionen Euro, die der Gemeinderat beschlossen hat, darunter den Neubau von Mittel- und Grundschule für je 50 Millionen Euro, die Sanierung des Bürgerhauses (neun Millionen) oder ein Darlehen an die gemeindeeigene Geothermiegesellschaft IEP (zehn Millionen Euro).

Der Neubau des Schwimmbades stehe deshalb erst für das Jahr 2023 mit fünf Millionen Euro im Plan, was in Anbetracht dessen desolaten Zustandes viel zu spät sei, monierte der Fraktionsvorsitzende der WIP. Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund (Grüne) konterte diesen Vorwurf mit dem Hinweis auf den Grund für den späten Baubeginn, nämlich der Entscheidung des Gemeinderats, den ursprünglichen Beschluss zu kippen, den geplanten Standort auf der Kuhwiese aufzugeben und einen neuen zu suchen. Sie vermied es aber zu erwähnen, dass die Verlegung des Schwimmbades von der WIP-Fraktion angestoßen worden ist.

"Die Rücklagen sind gestiegen, es kann keine Rede davon sein, dass wir in Gefahr wären", sagte Holger Ptacek (SPD). Das sieht offenbar auch André Schneider so: Nur wenn alle Vorhaben umgesetzt würden, würden die Rücklagen bis Ende 2023 auf 6,6 Millionen Euro zusammenschmelzen. "Aber das ist nur theoretisch, wir werden dort nicht landen", sagte der Kämmerer. Nach Ansicht Schneiders wäre die Aufnahme von Darlehen momentan "attraktiv" für die Gemeinde. "Rücklagen kosten die Gemeinde einen Haufen Geld", sagte der Kämmerer und klagte über die Negativzinsen, die die Kommune für ihr Bankgutachten bezahlen müsse. Schneider sprach dabei von Zinszahlungen in sechsstelliger Höhe.

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Quelle:
SZ vom 08.11.2019
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