Süddeutsche Zeitung

Ausstellung:Surftrip in die Transzendenz

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Die Galerie im Ismaninger Schlosspavillon zeigt Bilder von Helene B. Grossmann, die ein essenzielles Wahrnehmen von Licht und Farbe befeuern.

Von Udo Watter, Ismaning

Das Licht ist Symbol des Göttlichen, es erhellt und bringt Erkenntnis, es spendet Wärme und womöglich wartet es am Ende des Tunnels. Vielleicht ist das Licht auch nur eine elektromagnetische Welle, auf der wir in die Transzendenz surfen können. Oder zumindest unsere Augen.

Wenn diese sich etwa Zeit lassen, um in den großartigen Bildern von Helene B. Grossmann zu versinken, nähert sich der Betrachter gegebenenfalls ästhetischen Wahrnehmungen und Empfindungen, welche die soliden, fassbaren Grenzen der Welt überschreiten. Sie ist eine Künstlerin, die das Licht auf eine außergewöhnlich nuancierte Weise darzustellen versteht, bei der die Farbe mitunter zu einem fein schwebenden Lichtträger wird. In der Galerie im Ismaninger Schlosspavillon ist derzeit eine Auswahl ihrer Werke zu sehen. Die Ausstellung "Visuelle Dringlichkeit" läuft noch bis 7. Januar.

Es seien Bilder, die aus sich "heraus zu leuchten scheinen", wie Rasmus Kleine, Leiter des Kallmann-Musuems und der Galerie im Schlosspavillon erklärt. Werke wie "Gletscher", "Story of Light" oder auch das panoramaartige "Welle" (alle Acryl auf Leinwand) atmen eine tiefe Räumlichkeit, zarte und dichtere Farbschichten fließen ineinander. In ihnen entfaltet sich eine filigrane Transparenz, dabei oszillieren sie zwischen Ungegenständlichem und Gegenständlichen, wobei letzteres kein realistisches Abbild ist: in "Gletscher" kann der Blick Berge oder Schnee- und Eiskompositionen erahnen, aber diese Impressionen sind nicht naturalistisch oder figurativ. Eine blaue, kalte Transzendenz mit Andeutungen von Dinglichkeit.

Auch im groß dimensionierten Werk "Welle" ist eine Wahrnehmung möglich, die an das Zusammenschlagen einer türkisfarbenen Woge gemahnt - die visuelle Dynamik dessen, was Surfer, die in sie geraten und quasi durchgespült werden, als "Waschmaschine" bezeichnen. Die Optik bleibt aber im Vagen und Schwebenden, das an sich gefährliche Ereignis wird durch die warmen und fast paradiesisch anmutenden Farbschattierungen kompensiert. "Man muss sich Zeit lassen beim Betrachten", sagt Kleine. "Die Bilder verändern sich auch in Abhängigkeit von den Lichtverhältnissen." Die Werke der 1943 in Dresden geborenen und in München lebenden Grossmann würden vor allem auf "atmosphärischer Ebene wirken", wie Kleine betont.

Es dominiert immer eine bestimmte Farbigkeit - mal eher kalt und eisblau, mal eher warm und rot-schwarz in der Art eines in die Tiefe schimmernden Sonnenuntergangs. Der künstlerische Prozess dürfte dabei ein langer sein. Wie genau Grossmann diese durch viele Schichten gewonnene Qualität hinbekommt? "Sie hat sicher ihre malerischen Geheimnisse", sagt Kleine. Grossmann hat sich auch wissenschaftlich mit Pigmenten beschäftigt: Über das Wesen von Reflexionen, wie sich Licht bricht. Auf den ersten Blick rein weiße Bilder sind eben dann doch im Einzelnen farbiger als es den Anschein hatte. Die Farben und die Erscheinung des Lichts in den Bildern verändern sich nicht nur durch die veränderten Lichtverhältnisse oder die Tageszeit, sondern auch durch den Standpunkt des Betrachters. Auch deshalb und durch die extreme Nuancierung ist es schwer möglich, die sinnliche Wirkung der Bilder auf Fotos zu bannen, eine Live-Erfahrung ist definitiv erhellender.

Die Ausstellung in der Galerie im Schlosspavillon dauert noch bis zum 7. Januar.

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