Süddeutsche Zeitung

Flirt-Trainerin:"Das Schlimmste ist, wenn man beim ersten Rendezvous über den oder die Ex spricht"

Lesezeit: 3 min

Flirt-Trainerin Brigitte Dreilich aus Unterhaching gibt Singles Tipps - nicht nur am Valentinstag.

Interview von Patrik Stäbler, Unterhaching

Der Valentinstag an diesem Donnerstag ist der Tag der Blumenhändler, der Pralinenmacher und ja, auch der Liebenden. Doch was tun, wenn es keinen gibt, dem man Rosen, Schokolade und Liebe schenken kann? Um diese Menschen kümmert sich Brigitte Dreilich, 57, aus Unterhaching. Dreilich betreut einsame Singles, berät bei Trennungsschmerz und gibt Flirt-Kurse. Ein Gespräch über die Irrungen und Wirrungen der Liebe - und wieso sie in der heutigen Zeit schwerer zu finden ist denn je.

SZ: Frau Dreilich, was macht eine Expertin für Einsamkeit, Trennungsschmerz und unglückliche Singles wie Sie am Valentinstag?

Brigitte Dreilich: Mein Lebenspartner und ich hatten überlegt, ob wir zusammen essen gehen. Aber er ist donnerstags immer beim Skat, und ich veranstalte diesmal einen italienischen Abend in Unterhaching. Deshalb haben wir entschieden, nichts zu machen - auch, weil ich ohnehin bald Geburtstag habe.

Moment mal, Sie sprechen von Ihrem Lebenspartner, sind also in einer Beziehung. Das heißt, Einsamkeit und Trennungsschmerz kennen Sie nur aus der Theorie?

Aber nein! Ich bin zweimal geschieden, selbst einsam gewesen und habe viel durchgemacht. Ich weiß also, wovon ich spreche - und das ist auch wichtig. Es kommt oft vor, dass ich Kunden von meinen Erfahrungen erzähle, das hilft vielen.

Wie sind Sie überhaupt Expertin für Trennungen und Einsame geworden?

Ich stamme aus Burghausen und habe dort jahrelang eine klassische Single-Agentur betrieben. Frauen und Männer haben sich bei mir gemeldet, und ich habe sie dann verkuppelt. Ich weiß gar nicht, wie viele Paare ich zusammengebracht habe, aber von einigen kriege ich heute noch Postkarten aus dem Urlaub. Außerdem war ich bei drei Hochzeiten von meinen Kunden eingeladen - und einmal sogar Trauzeugin.

Heute vermitteln Sie keine Singles mehr?

Wegen der Flirtbörsen im Internet ist das immer schwieriger geworden. Vor elf Jahren bin ich der Liebe wegen nach Unterhaching gezogen, und dort habe ich mich dann mehr und mehr darauf konzentriert, Veranstaltungen wie meine Ü-40-Partys zu organisieren und Beratungen für Einsame und frisch Getrennte anzubieten.

Welche Menschen kommen zu Ihnen?

Es ist vor allem die Altersklasse über 50, und viele von ihnen sind fix und fertig, weil sie einsam sind oder eine Trennung hinter sich haben. Ich führe dann immer erst ein Einzelgespräch, um herausfinden, was genau das Problem ist. Das Wichtigste ist, dass man den Menschen in Ruhe zuhört. Zum Beispiel betreue ich eine Geschäftsfrau, die seit zehn Jahren verwitwet ist und sich so sehr nach einem neuen Partner sehnt. Bei ihr hat sich gezeigt, dass sie noch gar nicht über ihren verstorbenen Mann hinweggekommen ist. Erst als sie damit abgeschlossen hatte, konnte sie ernsthaft nach einem neuen Partner suchen.

Wobei sie wiederum auf Ihre Hilfe zählen kann, schließlich geben Sie auch Flirt- Kurse ..

. Lassen Sie uns beim Beispiel der Geschäftsfrau bleiben. Die hatte die antiquierte Vorstellung, dass Sie keine Männer ansprechen darf - sondern warten muss, bis jemand auf sie zukommt. Dabei ist das heute nicht mehr so, das habe ich ihr klar gemacht. Ich gebe auch Tipps, wie man sich beim ersten Date verhalten sollte...

... und welche Fettnäpfchen es gibt?

Das Schlimmste ist, wenn man beim ersten Rendezvous über den oder die Ex spricht. Sie werden nicht glauben, wie viele Singles das tun. Ich rate da lieber zu einem unverfänglichen Thema - etwa Hobbys oder der letzte Urlaub.

Wie sehen Ihre Flirt-Kurse konkret aus?

Am Anfang steht immer ein persönliches Gespräch, danach mache ich das oft per Videotelefonat - oder in der Gruppe. Nehmen Sie ein anderes Beispiel, ein Kunde, der nahe Nürnberg lebt. Der hatte sechs Flirtkurse durchgemacht und hunderte Euro ausgegeben, bevor er zu mir gekommen ist. Fast jeden Tag hat er Frauen auf der Straße angesprochen, doch davon habe ich ihm abgeraten. Ich habe ihm gesagt, er soll lieber in ein Café gehen, dort Blickkontakt zu einer Frau suchen und erst mal schauen, ob sie Interesse hat. Das sind einfache Tipps, die aber für die Singles sehr hilfreich sind.

Woher nehmen Sie selbst Ihr Wissen?

Ich habe mir viel angelesen, in Büchern und im Internet. Aber das meiste ist Lebenserfahrung. Wenn man so viel erlebt hat wie ich, dann hat man einen großen Erfahrungsschatz, was die Liebe angeht.

Mit dieser Liebe müsste es in der heutigen Zeit leichter sein denn je - zumal in München, wo Abertausende Singles leben?

Ich glaube, dass es eher schwieriger geworden ist. Es gibt zwar unzählige Singlebörsen im Netz, aber da wird gelogen und betrogen ohne Ende. Außerdem ist es aus meiner Sicht ein großes Problem, dass viele Menschen nicht mehr für die Liebe kämpfen. Früher hat man über Beziehungsprobleme gesprochen und versucht, daran zu arbeiten. Heute wird viel zu schnell ein Schlussstrich gezogen - am besten per SMS, ohne sich in die Augen zu schauen.

So traurig kann ein Interview am Valentinstag nicht enden. Bitte, Frau Dreilich, noch ein Tipp für all die einsamen Singles?

Ich sage immer: Geht raus! Geht unter Leute! Sucht euch Kontakte! Das Schlimmste ist, wenn man nur daheim sitzt, grübelt und Trübsal bläst. Außerdem lernt man dort ganz sicher niemanden kennen.

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Quelle:
SZ vom 14.02.2019
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