Süddeutsche Zeitung

Animationsfilm:Das fiese Spiel der kleinen Datensammler

Lesezeit: 3 min

Schon als Schüler hat der Ottobrunner Florian Hofmann einen viel beachteten Animationsfilm geschaffen. Mit seinem neuesten Werk "We Are Watching You" ist der 19-Jährige gleich für mehrere Preise nominiert.

Von Selina Bettendorf, Ottobrunn

Kleine animierte Männchen laufen durch das Innere eines Handys, erfüllen Befehle und sammeln Daten. Die Daten ergeben, dass der Handynutzer ungesund lebt. Zu viele Chips bei Amazon bestellt, zu wenig bewegt. Er wird von der Krankenkasse herabgestuft und würde, selbst wenn er es dringend bräuchte, kein Spenderorgan erhalten.

Dieser vier Minuten lange Animationsfilm ist das Werk von Florian Hofmann, einem Studenten aus Ottobrunn. Der 19-Jährige ist damit für den deutschen Multimediapreis für Nachwuchsfilmemacher nominiert und besucht an diesem Samstag für die Preisverleihung das Medienfestival in Dresden. "Ich war schon auf ein paar Filmfestivals, aber da bin ich gespannt auf die Atmosphäre und die Leute. Wen man da so trifft", meint Hofmann. Das Preisgeld würde er sparen und nächstes Jahr für sein Auslandssemester in Sidney ausgeben.

Der Animationsfilm ist für das Werk eines 19-Jährigen außergewöhnlich professionell produziert. Mehr als ein Jahr lang hat Hofmann immer mal wieder daran gearbeitet. Er begann noch während seiner Schulzeit im vergangenen Frühjahr am Gymnasium Ottobrunn. Dort bekam Hofmann Unterstützung bei der Dramaturgie des Filmes, bei der Technik war er auf sich allein gestellt.

Als Nachwuchsfilmemacher ist Florian Hofmann kein unbeschriebenes Blatt. Obwohl er noch keine 20 Jahre alt ist, konnte er schon mehrere Preise absahnen. Aktuell ist er mit seinem Film "We Are Watching You" nicht nur in Dresden nominiert, sondern parallel auch noch beim deutschen Nachwuchsfilmpreis "Up and coming" in Hannover und dem Camgaroo-Nachwuchspreis für Kurzfilme in München. Dabei hat er sich fast alles selbst beigebracht.

Florian Hofmann ging nicht öfter ins Kino als andere und sah auch nicht öfter fern, aber er wollte immer wissen, wie die Animationen funktionieren. Aus Interesse lud er sich vor einigen Jahren ein Programm auf den Computer und probierte sich an Animationen aus. Dann ließ er es für ein halbes Jahr bleiben. Zu frustrierend war das komplexe Programm, bei dem ihm weder Schule noch Freunde weiterhelfen können.

Aber die Neugierde sollte dann doch überwiegen. Hofmann las Bücher und sah sich Erklärvideos im Internet an. Immer wieder probierte er sich an kleinen Kurzfilmen aus, viele wurden nichts. Sein Pflichtpraktikum für die Schule machte er bei einer Kreativagentur in München und ging dann in den Sommerferien noch einmal für drei Wochen dort hin, um mehr zu lernen. Die Arbeit hat sich gelohnt.

In der Schule besuchte er entsprechende Wahlkurse und produzierte seinen ersten Film "The Chain Rule", mit dem er vergangenes Jahr bereits mehrere Nachwuchspreise gewann. "Die Wahlfächer waren fantastisch. Da profitiere ich im Nachhinein immer noch enorm", erzählt Hofmann. "Ich kann bei Bewerbungen für Unis und Unternehmen meine Arbeitsproben, das sogenannte Kreativportfolio, einreichen. Das ist ein großer Vorteil." Da er sich bereits so viel selbst beigebracht hatte, konnte er sogar die Lehrer unterstützen und leitete andere Schüler in der Animation von Kurzfilmen an.

Nachdem er die ersten Preise gewonnen hatte, überlegte sich Hofmann, sein Hobby zum Beruf zu machen. Als Kind wollte er noch Feuerwehrmann, Pilot oder Astronaut werden, jetzt hat er einen anderen Berufswunsch. Um ein Computer Generated Artist (CG Artist) zu werden, ist er fürs Studium im Fach Inter-Media nach Vorarlberg in Österreich gezogen und beschäftigt sich dort mit Grafikdesign, Crossmedia und Design Thinking.

Während die Eltern vieler Kommilitonen misstrauisch sind und wollen, dass ihre Kinder "doch noch was Richtiges machen", wird Florian Hofmann von seinen Eltern unterstützt. Er ist bereits im dritten Semester und freut sich immer noch darüber, jeden Tag das tun zu können, was ihm Spaß macht. Dafür legt er auch mal Nachtschichten ein.

Da sein zweiter Animationsfilm "We Are Watching You" in der Schule nicht mehr fertig gestellt werden konnte, investierte er neben dem Studium noch viel Zeit in das Projekt. "Bis ich nach den ganzen Aufgaben für die Uni, dem Sport im Fitness-Studio und dem Freunde-Treffen endlich dazu kam, war es meistens 11 Uhr. Der Film ist deshalb größtenteils zwischen 11 Uhr nachts und drei Uhr morgens entstanden."

Eine besondere Motivation dafür war das Thema, welches Florian selbst wählte, bevor er von den Themen der Preisverleihung erfuhr. "Mich hat Social Media schon immer beschäftigt und auch das, was mit unseren Daten passiert. Der Film soll vor allem unterhalten und noch eine kleine Message mitliefern. Ich will den Leuten einen Spiegel vors Gesicht halten."

Den Film "We Are Watching You" findet man unter www.youtube.com/watch?v=am3ipyxFlNk.

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Quelle:
SZ vom 09.11.2017
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