Süddeutsche Zeitung

Wirtschaft:Der Arbeitsmarkt steckt sich an

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Wegen der Corona-Pandemie steigt die Zahl der Menschen, die ihren Job verlieren oder in Kurzarbeit sind, im Landkreis München massiv.

Von Martin Mühlfenzl, Landkreis

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie treffen auch den Arbeitsmarkt im Landkreis München mit voller Wucht. Innerhalb eines Monats - von April bis Mai - meldet die Bundesagentur für Arbeit einen deutlichen Zuwachs der Arbeitslosenzahl im Landkreis. Im Mai waren insgesamt 6031 Menschen ohne Arbeit, das sind 500 Arbeitssuchende mehr als noch im April. Die Arbeitslosenquote stieg in diesem Zeitraum von 2,9 auf 3,2 Prozent, ein Jahr zuvor lag sie bei 2,1 Prozent. Damals waren im Landkreis lediglich 3963 Menschen arbeitslos gemeldet.

Besonders eklatant ist die Entwicklung der Jugendarbeitslosigkeit, die im Vergleich zum Vormonat um 16,8 Prozent anstieg. Derzeit haben 555 junge Menschen im Alter bis 25 Jahre im Landkreis München keinen Job. Ein Jahr zuvor waren es lediglich 322. Auf dem Ausbildungsmarkt waren Ende Mai nahezu 600 Bewerber noch ohne Stelle, auch diese Zahl ist im Vergleich zum Vorjahr mit einem Plus von drei Prozentpunkten leicht angestiegen; dem gegenüber waren etwas mehr als tausend Ausbildungsstellen im Landkreis noch nicht besetzt.

Zudem wächst die Zahl der Betriebe, die für ihre Mitarbeiter Kurzarbeit anmelden, weiter stark an. Wie viele Arbeitnehmer derzeit tatsächlich in Kurzarbeit sind, lasse sich aber erst nach der Abrechnung konkret bemessen, teilt die Bundesagentur für Arbeit mit. Es dürften aber Zehntausende Arbeitnehmer sein.

In den vergangenen drei Monaten meldeten in der Landeshauptstadt und im Landkreis weit mehr als 20 000 Betrieb Kurzarbeit an, alleine im April waren es im Landkreis mehr als 3600 Unternehmen, betroffen waren damals mehr als 47 500 Beschäftigte. Zum Vergleich: Im März waren es lediglich 384 Betriebe im Landkreis, die nahezu 9000 Arbeitnehmer in Kurzarbeit geschickt hatten.

Infolge von Geschäftsschließungen oder Lieferunterbrechungen hätten viele Betriebe "zum Glück" die Kurzarbeit angemeldet und nicht die Kündigung ausgesprochen, sagt Wilfried Hüntelmann, Vorsitzender der Agentur für Arbeit München. "Kurzarbeit ist zum wichtigsten Instrument für Unternehmen geworden, um kurzfristige Nachfrageeinbrüche auszugleichen und Fachkräfte zu halten."

Dennoch zeigen diese Zahlen die Dramatik der Entwicklung in einem Landkreis, dessen Wirtschaft seit Jahrzehnten von einem anhaltenden Wachstum geprägt ist. Vor Beginn der Krise herrschte im Landkreis seit Jahren - qua gängiger Definition - Vollbeschäftigung mit weit mehr als 240 000 sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen. In den Landkreis pendeln mittlerweile mehr Menschen aus der Landeshauptstadt in die Arbeit als umgekehrt.

Doch nun drohe der Wirtschaftsstandort Landkreis München nachhaltig Schaden zu nehmen, warnt etwa die Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern. Deren Sprecher für den Landkreis, der Kircheimer Unternehmer Christoph Leicher, warnt vor "einer nie da gewesenen Welle an Insolvenzen". Leicher geht davon aus, dass die Umsatzrückgänge der Unternehmen im Landkreis "geschätzt" bei insgesamt 30 bis 40 Prozent liegen werden, und fordert daher nachhaltige Konjunkturprogramme seitens des Bundes und des Freistaats.

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SZ vom 04.06.2020
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