Süddeutsche Zeitung

Bürgerdialog Hohenbrunn:Moderator mit Schlagseite

Lesezeit: 3 min

Nachdem er in Penzberg einen Leserbrief unter falschem Namen veröffentlichen wollte, steht der Organisator des Hohenbrunner Bürgerdialogs nun auch hier in der Kritik. Dieser wehrt sich gegen den Vorwurf der Parteilichkeit.

Von Christina Hertel, Hohenbrunn

Ein Vier-Sterne-Hotel auf einer Wiese in Penzberg. Eine Siedlung und eine Umgehungsstraße in Hohenbrunn. Diese zwei Vorhaben, 60 Kilometer von einander entfernt, haben nichts miteinander zu tun und doch vieles gemeinsam: In beiden Gemeinden gibt es wegen der Projekte Streit, beide haben einen Bürgerdialog gestartet und beide haben Daniel Schreyer vom Büro Hendricks und Schwartz als Moderator eingesetzt. In Penzberg, das stellte sich diese Woche heraus, hat sich Schreyer offenbar nicht neutral verhalten. Und auch in Hohenbrunn sind zumindest einige Gemeinderäte nicht zufrieden mit dem Verlauf des Bürgerdialogs. Das Vertrauen sei erschüttert, sagt etwa Pauline Miller vom Bürgerforum.

In Penzberg stritten Anwohner und Gemeinderäte darüber, wo ein Hotel hingebaut werden soll. Im Juli wählte der Stadtrat einen Standort aus, den auch die Teilnehmer des mehrwöchigen Dialogs favorisierten. Bei einem Bürgerentscheid zur Landtagswahl sollen die Wähler darüber abstimmen. Ein unvorsichtiger Klick der Penzberger Bürgermeisterin Elke Zehetner (parteifrei) offenbarte nun, dass Moderator Daniel Schreyer in diesem Prozess parteiisch agiert. Dieser verfasste eine Replik auf einen Leserbrief einer Standortgegnerin und schickte diese an die Bürgermeisterin. Dazu schrieb er den Hinweis, ob sie nicht jemanden finden könne, der den Leserbrief unter seinem Namen veröffentlicht. Die Bürgermeisterin leitete die Mail an den SPD-Ortsvorsitzenden weiter - aber aus Versehen in Kopie auch an den Presseverteiler.

"Verzerrtes Bild" in der Öffentlichkeit

Für die Hohenbrunner Gemeinderätin Pauline Miller (Bürgerforum) verstärkt sich durch dieses Vorgehen der Eindruck, dass sich die Moderatoren auch im Dialogverfahren ihrer Gemeinde zumindest nicht ganz unvoreingenommen verhalten. "Der Öffentlichkeit wurde bei den Veranstaltungen bis jetzt ein verzerrtes Bild gegeben", sagt sie. Zum Beispiel seien die Moderatoren aus ihrer Sicht zu wenig darauf eingegangen, dass es ein Konzept des Planungsverbands gibt, das eine Entwicklung Hohenbrunns nicht im Westen bei der S-Bahn, sondern zunächst im Osten vorsieht. Bei den Workshops ist aus Millers Sicht zu sehr der Eindruck erweckt worden, als stünde es bereits fest, in welche Richtung der Ort wachsen soll. Das Bürgerforum hat deshalb den Antrag gestellt, sich noch einmal - zum Beispiel in einem weiteren Themenabend - mit Ortsentwicklung zu befassen.

Dass seine Agentur und er nicht neutral vorgehen, weist Daniel Schreyer entschieden zurück. Bei dem Leserbrief in Penzberg sei es darum gegangen, alle Beteiligten zu einer sachlichen Diskussion zurückzuführen. Genauso gut hätte er den Text unter seinem Namen veröffentlichen können, sagt Schreyer. Dass er es nicht getan hat, begründet er einerseits damit, dass ihn die Bürgermeisterin nicht darum gebeten habe. Andererseits sei er nach Leserbriefen, die er zu dem Thema unter seinem Namen veröffentlicht habe, von den Standortgegnern persönlich beleidigt worden. In Hohenbrunn habe er sehr wohl auf das Konzept des Planungsverbands hingewiesen - sowohl in einem Workshop als auch in der Ausstellung, die im August im Rathaus zu sehen war.

Bürgermeister will Sachverhalt im Auge behalten

Der Hohenbrunner Bürgermeister Stefan Straßmair (CSU) sieht keine Anzeichen für eine Voreingenommenheit des Büros. Doch er schreibt auch, dass er den Sachverhalt im Auge behalten werde. Allerdings sei in Hohenbrunn die Sachlage eine andere als in Penzberg: Schreyer und seine Kollegen seien als "Dienstleister" beauftragt, die die Interessen der Gemeinde vertreten - nicht als neutrale Mediatoren in einem Konflikt. Der Dialog ist aus Straßmairs Sicht offen, die Zusammenarbeit mit dem Büro gestalte sich gut.

Doch auch Grünen-Gemeinderätin Martina Kreder-Strugalla ist mit dem Verlauf des Dialogs in Hohenbrunn nicht zufrieden. Sie stört, dass etwa bei der Diskussion über mögliche Trassen einer Umgehungsstraße wieder bei Null begonnen wurde - obwohl der Gemeinderat in verschiedenen Klausurtagungen bereits mehrere Varianten ausgeschlossen habe.

Beim jüngsten Themenabend am Dienstag konnten die Teilnehmer jedoch sogar ganz neue Ideen in die Diskussion einbringen. Eine kam von Markus Dorweiler und Manfred Haucke, die in der Luitpoldsiedlung leben: Sie stellen sich eine Umgehungsstraße am östlichen Waldrand von Hohenbrunn vor, die die Gemeinde gemeinsam mit Höhenkirchen-Siegertsbrunn verwirklicht. Am Rand der ehemaligen Munitionsfabrik Muna, wo sich heute Wald befindet, könnte aus ihrer Sicht ein 32 Hektar großes Gewerbegebiet entstehen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4145946
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 27.09.2018
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.