Süddeutsche Zeitung

Bezirk:Er war gut für Oberbayern

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Bei einem Festakt im Kleinen Theater in Haar verabschieden Landtagspräsidentin Ilse Aigner sowie Minister und andere Politiker den langjährigen Bezirkstagspräsidenten Josef Mederer.

Von Bernhard Lohr, Haar

Ganz zum Schluss, kurz bevor Josef Mederer von der politischen Bühne abtritt und auch im Kleinen Theater in Haar das Podium verlässt, sagt der scheidende Bezirkstagspräsident: "Ich habe meinen Teil gegeben. Ich bin zufrieden." Auf diese unprätentiösen Sätze hin, frei nach dem Schriftsteller Peter Rosegger (1843-1918), erhebt sich das Publikum im Saal. Landtagspräsidentin Ilse Aigner, Staatsminister und führende Politiker aus ganz Oberbayern sowie drei Polizeipräsidenten zollen dem 74-Jährigen nach 15 Jahren an der Spitze des Bezirks Respekt und klatschen stehend Applaus. Davor haben die Spitzen des Freistaats, bis hin zur neuen stellvertretenden Ministerpräsidentin Ulrike Scharf (CSU), Mederer als in seiner Menschlichkeit herausragende Persönlichkeit gewürdigt. Er sei der Richtige für diesen Posten gewesen, einer, der "eine Ära" geprägt hat, sagte etwa Landtagspräsidentin Aigner.

Ilse Aigner nennt Mederer einen "Idealisten, Programmatiker und Pragmatiker"

Wenn Bayern etwas Besonderes ist mit seinem weiß-blauen Himmel, seinen Traditionen, seiner Kultur und Landschaft, dann gilt das in besonderem Maße für Oberbayern, das viele mit diesen Attributen gleichsetzen, die weltweit für das Bilderbuchbayern stehen. Vieles von dem zu pflegen gehört zu den Aufgaben des Bezirks. In den gewählten Mitgliedern des Bezirkstags hat dieser seine Repräsentanten und im Bezirkstagspräsidenten seinen höchsten Vertreter. Sie alle kümmern sich um Kultur- und Brauchtumspflege, um Bildung und Umwelt und sind mit der psychiatrischen Grundversorgung für ein Thema zuständig, bei dem es für die knapp fünf Millionen Oberbayern ums Existenzielle geht.

Landtagspräsidentin Aigner bezeichnete Mederer vor etwa 150 geladenen Gästen im Kleinen Theater Haar als "Idealisten, Programmatiker und Pragmatiker", einen Mann mit Macherqualitäten. "Das hat Oberbayern gutgetan", sagte sie zu dem scheidenden Bezirkstagspräsidenten, der mit seiner Familie im Publikum saß, auch die Enkeltochter war mitgekommen. Die stellvertretende Ministerpräsidentin Ulrike Scharf würdigte Mederer als Mensch "mit ganz klarem Kompass" und Herz für die Schwachen. In Schwabhausen war Josef Mederer 18 Jahre Bürgermeister, außerdem 30 Jahre Kreisrat in Dachau. 25 Jahre gehörte er dem Bezirkstag an, in dem er 2000 zum Vizepräsident aufstieg und 2008 zum Präsidenten.

Als Präsident des Bezirkstags hat er Reformen angeschoben und Neues eingeführt. Auf ihn geht der rund um die Uhr bereitstehende Krisennotdienst Psychiatrie zurück. Es gibt ein Zamma-Kulturfestival, ein Volksmusikarchiv wurde eingerichtet, Institutionen wie das Bauernhofmuseum Glentleiten werden weiterentwickelt und Förderschulen sowie berufsbildende Schulen ausgebaut. In ihrer Rede hob Ilse Aigner vor allem auch Mederers Einsatz für eine Aufarbeitung der Morde an Psychiatrie-Patienten in der NS-Zeit hervor. Er habe Opfer dem Vergessen entrissen und eine "Erinnerungskultur" etabliert.

Großes Augenmerk legte Mederer auf eine Reform der Psychiatrie im Sinne der 1975 eingesetzten Psychiatrie-Enquête. Eine menschlichere Psychiatrie ist das Ziel. Der Bezirk schloss Abkommen mit den Polizeipräsidien, um Menschen in Extremsituationen ohne Gewalt und Fixierung aufzugreifen und in die Bezirkseinrichtungen zu bringen. In diese zog während seiner Amtszeit ein neuer Geist ein. Das für die Region zentrale Isar-Amper-Klinikum in Haar wurde verkleinert und modernisiert und insgesamt mit dezentralen Stützpunkten für die Behandlung psychisch Kranker neu aufgestellt. In Haar wuchs gleichzeitig das Kleine Theater als Kulturbühne des Bezirks zu einer dauerhaften Einrichtung heran. Mit einer "Vision 2030" formulierte Mederer Ziele für die Zukunft.

Zu seinem neuen Präsidenten hat der Bezirkstag inzwischen Mederers Wunschnachfolger Thomas Schwarzenberger gewählt, den Bürgermeister von Krün, der beim G-7-Gipfel in Elmau als Gastgeber von Barack Obama Bekanntheit erlangte. Schwarzenberger überreichte Mederer beim Abschied eine Urkunde mit der Ehrenbezeichnung "Altbezirkstagspräsident".

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