Süddeutsche Zeitung

Bergunfall:Schulen trauern um zwei Lehrer

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Das Ismaninger und das Garchinger Gymnasium gedenken Jana L. und Matthias H., die am Wilder Kaiser abgestürzt sind.

Von Patrik Stäbler, Garching/Ismaning

Eine einzelne Rose in einer Vase - sie wird an diesem Montag im Konferenzraum des Werner-Heisenberg-Gymnasiums in Garching aufgestellt, wenn das Lehrerkollegium dort einen Tag vor Schuljahresbeginn zusammenkommt. Die Blume ist ein Zeichen der Trauer und steht an jenem Platz, wo eigentlich Matthias H. hätte sitzen sollen. Der 34 Jahre alte Lehrer für Mathematik und Sport ist in den Sommerferien bei einem Bergunfall tödlich verunglückt. Der Unterschleißheimer war mit seiner früheren Kollegin Jana L., die 2017 ans neue Gymnasium Ismaning gewechselt ist, am Wilden Kaiser in Tirol unterwegs. Dort verloren die beiden bei einem Sturz aus großer Höhe ihr Leben. Entsprechend groß ist die Trauer an den zwei Schulen in Garching und Ismaning, wo mit Blick auf den ersten Schultag am Dienstag besondere Vorkehrungen getroffen werden.

Am Gymnasium Ismaning werde die Fachschaft Religion einen Raum der Stille einrichten, sagt Schulleiter Markus Martini. Dort liegt ein Kondolenzbuch aus, in dem die Schüler ihrer Trauer über den Tod der Mathematik- und Sportlehrerin Jana L. Ausdruck verleihen können. Bereits kurz nach dem Unglück habe die Schule im internen Bereich ihrer Webseite ein digitales Kondolenzbuch eingerichtet. Etwa fünfzig Schüler und Eltern hätten hier ihre Trauer bekundet und persönliche Erinnerungen an die 29-Jährige festgehalten, sagt Martini, der auch in Kontakt mit den Eltern der verstorbenen Frau aus Unterschleißheim steht. "Sie waren sehr gerührt von der großen Anteilnahme und haben vor, Ende September an unsere Schule zu kommen." Nachdem Schulleiter Markus Martini Mitte August von dem tragischen Unglück erfahren hatte, habe er umgehend das Lehrerkollegium informiert - ebenso sämtliche Eltern. "Verbunden mit der Bitte, dass sie das zur rechten Zeit an ihre Kinder weitergeben", erklärt der Schulleiter.

Schüler und Lehrer versammeln sich zu einer Gedenkminute

Entsprechend geht er davon aus, dass die meisten Schüler bereits über den Todesfall Bescheid wissen, wenn am Dienstag das neue Schuljahr beginnt. Dann werden sich alle Kinder und Lehrer in der Früh zu einer Gedenkminute versammeln, er selbst werde einige Worte sprechen, und die Schüler hätten die Möglichkeit, Fragen zu stellen, so Martini. Tags zuvor wird ein Psychologe vom Kriseninterventionsteam an der Lehrerkonferenz teilnehmen und den Kollegen Ratschläge geben, worauf sie im Gespräch mit Schülern achten sollen. Überdies hat das Gymnasium Ismaning den Gottesdienst zum Schuljahresanfang vorgezogen: Er findet bereits am Donnerstag statt, sagt Markus Martini. "Das Hauptthema wird natürlich das Unglück sein."

In Garching werden die Lehrer bei ihrer Konferenz am Montag eine Gedenkminute einlegen; im Weiteren wird der Personalrat einige Worte sagen. Zudem werden die Kollegen persönliche Erinnerungsstücke an den verstorbenen Matthias H. zusammentragen, sagt der stellvertretende Schulleiter Armin Eifertinger. "Darum hat uns seine Frau in einem Schreiben gebeten." Sie ist Pfarrerin in Unterschleißheim und erwartet dieser Tag ein Kind. Vor allem auch für das Neugeborene seien die Erinnerungsstücke der Kollegen gedacht, sagt Eifertinger. Für die Schüler werde von Dienstag an ein Kondolenzbuch ausliegen, und zwar beim Sozialpädagogen der Schule. "Dort können sie sich zurückziehen, wenn sie das wollen", sagt der neue stellvertretende Schulleiter, der erst vor wenigen Wochen vom Gymnasium Markt Schwaben an das Garchinger Werner-Heisenberg-Gymnasium gewechselt ist. "Außerdem haben sie dann gleich einen Ansprechpartner." Dieses Vorgehen habe sich bei Trauerfällen an anderen Schulen bewährt, so Eifertinger.

Gebotene Zurückhaltung

Groß ist die Trauer über das Unglück nicht nur an den Gymnasien in Garching und Ismaning, sondern auch im Heimatort der Lehrer - und besonders in der evangeli-schen Kirchengemeinde von Unterschleiß-heim und Haimhausen, wo die Frau von Matthias H. als Pfarrerin wirkt. Am Sonntag nach dem Unglück sei er umgehend in die Gemeinde gefahren, sagt Felix Reuter, Dekan im Prodekanat München-Nord. Beim Gottesdienstes habe man eine Trauerfeier abgehalten, zudem wurde ein Kondolenzbuch ausgelegt. Um der Witwe zu zeigen, "dass wir in Gedanken und Gebeten bei ihr sind", sagt Dekan Reuter. Er habe ihr Fotos von der Trauerfeier geschickt. Zugleich wolle die Gemeinde aber auch "die bei so einem tragischen Unglück gebotene Zurückhaltung wahren".

Jana L. und Matthias H. waren Anfang August bei herrlichem Wetter zu einer Bergtour am Wilden Kaiser aufgebrochen. Im Bereich des Gamsangersteigs nahe Ellmau stürzten die Unterschleißheimer aus mehreren hundert Metern in die Tiefe. Die genauen Umstände sind dabei mangels Zeugen unbekannt. Wanderer, die das Duo aus weiter Ferne hatten fallen sehen, alarmierten die Rettungskräfte. Doch für die beiden Lehrer kam jede Hilfe zu spät: Ein Team der Notarzthubschrauber konnte nur noch ihren Tod feststellen.

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SZ vom 10.09.2018
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