Süddeutsche Zeitung

Lachen und Lästern, Schauen und Staunen:"Ganz München auf drei Etagen"

Lesezeit: 3 min

Elyas M'Barek beurteilt Schauspielerfähigkeiten, Wiesnwirt Peter Pongratz ruft beinahe die Feuerwehr und Bayern-Chefscout Michael Reschke sucht unter den Gästen Ersatz für Lewandowski - ein besonderer Abend im Mai

Von Philipp Crone

Michael Reschke, Chefscout des FC Bayern, blickt am Mittwochabend aus dem vierten Stock des SZ-Verlagshauses im verglasten und bunt erleuchteten Foyer auf die 700 Gäste und überlegt. "Wir planen ja mindestens 30 Transfers im Sommer, ich scoute jetzt hier auch mal." Wer könnte Lewandowski ersetzen? Grinsen. Horst Seehofer vielleicht, der gerade mit Filmproduzent Quirin Berg spricht? "Ja, das ist ein Brecher." Zoochef Rasem Baban, im Gespräch mit Carmen Bayer vom Deutschen Theater, oder doch Elyas M'Barek, der beim Trikot-Ausziehen die beste Figur machen würde? Die Auswahl ist gewaltig für Reschke. Er beobachtet zunächst, wie Seehofer sich elegant durch die Reihen windet, ein verbaler Doppelpass hier, einer da.

Über die richtige Spieler-Wahl wird sich auch bei der ersten "Abend im Mai"-Feier der SZ an der Hultschiner Straße niemand einig, aber ansonsten stimmen viele überein: So eine Münchner Gäste-Mischung ist selten. Und es liegt auch nicht nur am ersten lauen Frühsommerabend, dass sich Politiker, Künstler und Unternehmer am Ende leicht beschwingt auf den Heimweg machen, sondern eher daran, dass sie auf den drei Etagen über dem Foyer eine Art Bonsai-Version ihrer Stadt erlebt haben.

Da begrüßt Innegrit Volkhardt vom Bayerischen Hof die hochschwangere Schauspielerin Brigitte Hobmeier, während Polizeichef Hubertus Andrä mit US-Generalkonsulin Jennifer Gavito das SZ-Gebäude in Augenschein nimmt; ARD-Programmchef Volker Herres fragt SZ-Verleger Johannes Friedmann, wie es mit den Ansprachen wohl aussieht. Ein Profi wie Herres weiß: nur eine fade Rede, und der Abend kann kippen.

Zunächst defiliert man allerdings in den vierten Stock, wo Regisseur Franz Xaver Bogner an den bodentiefen Fensterscheiben Höhenangst bekommt, sich aber schnell wieder fängt und konstatiert: "Dieses Gebäude hat schon etwas Wahrzeichenhaftes." Allerdings sei das hier ja jetzt "eher Einzugsgebiet als Stadt München". Was Charlotte Knobloch indes anders sieht. Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München zählt den Standort noch klar zur Stadt, vor allem sei entscheidend: "Solange man die SZ noch findet, ist alles gut." Knobloch gegenüber steht Pinakotheken-Chef Bernhard Maaz und sagt: "Das ist ganz München auf drei Etagen." Man sehe, dass es der Stadt gut geht. "Auf der einen Seite die Alpen, auf der anderen acht Baukräne - Aufbruch mit Kulisse."

Ein lauer Frühsommerabend draußen, drinnen eine für den SZ-Abend inszenierte Lichtshow - und vor allem viele Gespräche unter vielen Gästen.

Franz Josef Himpsl von der Unterbiberger Hofmusik (links) sprach mit Oberbürgermeister Dieter Reiter.

Ein Abend im Mai - die Süddeutsche Zeitung lud zum ersten Mal in München ein.

SZ-Bayern-Ressortleiter Sebastian Beck (l.) zeigt Finanzminister Markus Söder den Weg in die SZ.

Ruhige Gespräche am Abend zwischen Innenminister Joachim Herrmann und SZ-Reporterin Annette Ramelsberger.

Elyas M'Barek schaute zu später Stunde mit Gastro-Kollege Gregor Myszor vorbei und unterhielt sich mit Geschäftsführer Stefan Hilscher (v.l.).

Auch M'Bareks Schauspiel-Kollege Florian David Fitz war da.

Ladies in Black: Kabarettistin Luise Kinseher (links) mit Schauspielerin Brigitte Hobmeier.

Heribert Prantl, Mitglied der SZ-Chefredaktion, mit Schriftsteller Tilman Spengler (links).

Roland Berger (links) und Alois Glück unterhalten sich bei einem Glas Sekt.

Regisseur Franz Xaver Bogner ("München 7") mit Filmproduzentin Susanne Porsche.

Musikerin Henriette Götz mit Residenztheater-Chef Martin Kušej auf der SZ-Veranstaltung.

Frei schwebend im Hochhaus: das Berliner Tanzakrobatik-Duo Tanja und Frida.

Fotokünstlerin Julia Leeb erklärt ihre Ausstellung im Atrium.

Sichtlich entspannt: Sabine Leutheusser-Schnarrenberger.

Auf drei Etagen des SZ-Hochhauses fanden über 700 Gäste Platz.

Filmproduzent Quirin Berg ("Das Leben der anderen") mit Immobilienunternehmerin Tina Aigner und seiner Lebensgefährtin, Mode-Unternehmerin Natascha Grün (links).

SZ-Autor und Schriftsteller Axel Hacke kam in Begleitung seiner Ehefrau, der Drehbuchautorin und Sängerin Ursula Mauder.

Musik-Produzent Curt Cress kam ebenfalls mit seiner Frau.

Polizeipräsident Hubertus Andrä (links) mit US-Generalkonsulin Jennifer Gavito und Mann.

Bayerischer-Hof-Chefin Innegrit Volkhardt mit Moderatorin Nina Ruge.

Landtagspräsidentin Barbara Stamm.

Der Journalist und frühere SZ-Chefredakteur Hans Werner Kilz mit Unternehmerin Birgit Jakobs.

Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München.

Maaz verstummt und fragt: "Woher kommt die Stimme?" Sie kommt von SZ-Geschäftsführer Stefan Hilscher, der von einer kleinen Brücke im Foyer spricht. Anschließend dreht sich das Gesprächs-Roulette bei Musik und Bachsaiblingsfilet weiter. Seehofer ist mittlerweile bei Oberbürgermeister Dieter Reiter angekommen. Die Wiesnwirte Günter Steinberg und Peter Pongratz diskutieren über die Stadtratsdebatte zur Bierpreisbremse und den Abend. "Man merkt schon, wie vielfältig diese Stadt ist, wenn man sich hier umsieht, und dass es eine mit Charme und Lebensfreude ist", sagt Steinberg.

Wenn Pongratz dem Kollegen allerdings mit einem "Jetzt red' i" in die Parade fährt, hat er auch etwas zu erzählen. Dass er eine Stunde feststeckte im Gebäude, weil er von der Parkgarage einmal falsch abgebogen ist. "Dann war ich in einem Raum mit drei verschlossenen Türen." Anruf bei der Polizei, "total nett, konnten mir aber nicht helfen". Anruf bei der Feuerwehr: "Ich hab denen gesagt: Keinen Löschzug!" Wie sieht denn das aus! Stattdessen habe er sich eine Zigarre anzünden wollen und warten, norditalienische Gemütlichkeit eben, doch der Feuerwehrmann meinte nur: "Ach, zünden'S lieber koane o."

Regisseur Bogner zieht es in den ersten Stock, weil es da nicht so hoch ist, er sich mit Filmproduzent Franz Xaver Gernstl unterhalten kann; außerdem ist dort die Ballabeni-Eisstation aufgebaut. "Mich wundert es, dass es keine Zeitungs-Serie gibt im Fernsehen derzeit." Ihm fielen Geschichten zu jedem Ressort ein, da müsse man sich nur hier umsehen. Allein wie der frühere Hanser-Verleger Michael Krüger und Kammerspiele-Intendant Matthias Lilienthal die Köpfe zusammenstecken oder wie Mariss Jansons, Chefdirigent des BR-Symphonieorchesters, mit Innen- und Bauminister Joachim Herrmann darüber diskutiert, wann denn nun wirklich mit dem Bau des neuen Konzerthauses im Werksviertel begonnen werden könnte. Der Staatsregierung ist es aber offenbar so ernst damit, dass Seehofer den Maestro zur Begrüßung gleich regelrecht knuddelt. Krüger wird von Politikwissenschaftler Werner Weidenfeld beim Dessert ein "gesteigerter Tiefgang" attestiert, worauf sich dieser gespielt beleidigt abwendet, was Weidenfeld nicht aus der Ruhe bringt. Er unterhalte sich aber trotzdem noch lieber mit Edmund Stoiber über Basketball. Ironie und leichte Spitzen nehmen zu im Laufe des Abends.

Schauspieler Florian David Fitz testet das Angebot an der Cocktailbar und sagt mit dem professionellen Ernst des Profi-Darstellers: "Ihr habt hier ja die Elite von München reingesaugt, aber klar, die SZ, das ist der Stolz der Stadt." So ein Satz hätte nicht einmal im schnulzigsten Pilcher-Film Bestand, aber einer wie Fitz verzieht keine Miene. Kollege Elyas M'Barek nimmt auch an der Bar Platz und erklärt ZDF-Fußballkommentator Béla Réthy, welche Fähigkeiten Mats Hummels als Schauspieler hat. Nicht beim Fußball, sondern beim Dreh. M'Barek kommt nach einem Tag, den er erst in Berlin mit Angela Merkel und später wieder in München am Set vom dritten Teil von "Fack ju Göhte" verbracht hat, zur SZ. Die Bayern-Spieler Joshua Kimmich, Mats Hummels und David Alaba hätten einen richtig guten Gastauftritt beim Dreh hingelegt, aber sie spielen ja auch sich selbst.

Bevor Pongratz ohne Hilfe der Feuerwehr zur Garage findet, hat sich Polizeichef Andrä schon auf den Heimweg gemacht mit dem Satz: "Ohne mich ist es hier ja ohnehin noch sicherer." Und Reschke verkündet, wen er verpflichten wird: "Seehofer als Libero, Zoochef Baban als bissigen Verteidiger und Söder als Brechstange-Stürmer."

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Quelle:
SZ vom 19.05.2017
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