Süddeutsche Zeitung

Kreisverband:CSU-Parteifeinde unter sich

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Von Heiner Effern

Natürlich sagen alle offiziell, dass der erbitterte Kampf um den Vorsitz des CSU-Kreisverbands I im Münchner Zentrum gar nicht so erbittert ist. Eine normale Wahl halt, bei der sich zwei Kandidaten bewerben, heißt es. Nicola Mayerl, Ortsvorsitzende in der Schwanthalerhöhe, und Stadtrat Hans Theiss. Gut, es stehen sich zwei Lager gegenüber, die sich nicht gerade mögen, das räumen alle ein. Einigkeit herrscht sonst aber nur in der Meinung über die jeweils anderen: Da versuche eine von Ehrgeiz getriebene Clique, sich mit aller Macht Ämter zu sichern.

Denn es geht nicht nur um den Kreisvorsitz, sondern im Hintergrund auch um die Kandidatur für ein lukratives Landtagsmandat, das in einem neuen Zentrums-Stimmkreis 2018 erstmals vergeben wird. Beide Posten sind offen, seitdem Georg Schlagbauer wegen seiner Kokain- und Rotlicht-Affäre zurücktrat. Wenn sich am Mittwochabend die neun Ortsvorsitzenden des Kreisverbands in der CSU-Landesleitung treffen, reden sie offiziell darüber, wann der Nachfolger von Schlagbauer als Kreischef gewählt wird. Doch diese Entscheidung ist alleine so brisant, dass der Münchner Bezirkschef Ludwig Spaenle "als Moderator" dabei sein wird, wie er selbst sagt.

Für die Unterstützer der Kandidatin Mayerl kommt Spaenle eher als Aufpasser, dass sein Favorit Theiss eine optimale Ausgangssituation bekommt. Als starker Mann im Mayerl-Lager gilt Günther Westner, früherer JU-Chef in München und heute Ortsvorsitzender in der Maxvorstadt. Er selbst erklärt, am Kreisvorsitz und an der Landtagskandidatur nicht interessiert zu sein. Er kämpfe für "mehr Mitsprache der Basis", sagt Westner. Das deckt sich mit den Positionen seiner präferierten Kandidatin Mayerl, die den "gespaltenen Kreisverband wieder zusammenbringen" will.

Klingt gut, sagt die andere Seite. An so viel Selbstlosigkeit glaubt aber keiner. Gerade bei Westner. Der habe immer wieder versucht, nach oben zu kommen. Kreischef, Stadtrat, Landtagsmandat im Norden, nichts habe geklappt. Nun gebe er sich mit seiner Haltung gegen die Schwulen-Ehe als strammer Konservativer, um Truppen zu sammeln.

Ein Szenario seiner Gegner geht nun so: Fällt Theiss gegen Mayerl als Kreischef durch, dürfte er auch als Landtagskandidat wackeln. Sein Interesse dafür hat der Stadtrat zwar noch nicht bestätigt, doch daran zweifelt niemand. Wenn die Kandidatur frei wird, könnte Mayerl als Kreisvorsitzende Westner den Weg in den Landtag doch noch frei machen. Wenn sie selbst antreten will, werde sie zur Seite geschoben.

Jeder gegen jeden

Bei Bezirkschef Spaenle gilt der CSU-Vorsitzende in der Maxvorstadt ohnehin als rotes Tuch, weil in dessen Ortsverband bei den Delegiertenwahlen im vergangenen Jahr plötzlich viele neue Mitglieder erschienen waren und Stadtrat Hans Theiss bei dieser Gelegenheit durchfallen ließen. Dieses Muster erinnerte Spaenle an längst überwunden geglaubte CSU-Zeiten.

Ex-Kreischef Richard Quaas gab auf seiner Facebook-Seite preis, was er von Westner und dessen Freunden hält: Sie zeigten eine "rechtsnationale und reaktionäre Grundeinstellung". In einer Mail an einen Ortsvorsitzenden schreibt Quaas, er würde ihn nicht für "ein so großes Arschloch halten", dass er gegen Theiss sei. Auch Mayerl bekommt ihr Fett weg. An die Vorsitzende der Seniorenunion im Kreis, Mechthild Kammerl, schreibt er, sie solle ruhig weiter für ihre "zitherspielende, gedichtezitierende und plakatklebende Kandidatin" werben.

Streit um den Wahltermin

Für die Mayerl-Seite gehört Quaas zur CSU-Stadtspitze, die mit Spaenle an vorderster Front konsequent ihre Kandidaten auf alle wichtigen Posten und Funktionen verteilt. Theiss sei ein Karrierist ohne wirkliche CSU-Haltung und Verwurzelung, sagt Westner. Theiss erwidert nur: "Ich habe genügend Gespräche mit der Basis geführt, dass ich breit verwurzelt bin."

Am Ergebnis des Treffens am Mittwoch lässt sich vielleicht schon absehen, wie die Kräfte verteilt sind. Theiss-Freunde präferieren einem schnellen Wahltermin im Juli. Um den Verband nicht solange führungslos zu lassen, sagen sie. Um keinen Kandidaten hochkommen zu lassen, sagt das Mayerl-Lager. Das will erst im Oktober wählen. Mayerl müsse sich und ihre Vorstellungen ausreichend bekannt machen können, heißt es dort. Die bräuchten nur Zeit, um lange genug Zwietracht und Unruhe säen zu können, kontert die Gegenseite.

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SZ vom 06.07.2016
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