Süddeutsche Zeitung

Kommunalwahl in Altstadt-Lehel:Pädagoge versus Architektin

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Derzeit konkurrieren Wolfgang Püschel von der SPD und Grünen-Kandidatin Andrea Stadler-Bachmaier um den Vorsitz. Die CSU hat sich noch nicht festgelegt

"Kann sein, dass es für meine Partei nicht gut ausgeht", sagt Wolfgang Püschel. Der 75-jährige SPD-Politiker macht sich keine Illusionen über die schwierige Ausgangslage für die Kommunalwahl, hofft aber unverdrossen auf ein Mandat für den Vorsitz des Bezirksausschusses (BA). 15 seiner 30 Amtsjahre leitete der pensionierte Gymnasiallehrer und Dozent das Gremium, von 1993 bis 1996 im damals selbständigen Lehel, im vereinten Bezirk, von 2002 bis 2014.

Als Häufelkönig gewann Püschel damals nach Einzelstimmen, die SPD landete jedoch auf Platz drei, mit 0,1 Prozentpunkten hinter den Grünen. Eine Wiederwahl zum Vorsitzenden scheiterte, nachdem die Grünen einen eigenen Kandidaten aufgestellt und Püschel "Selbstherrlichkeit" vorgeworfen hatten. Gestritten wurde damals um eine SPD-Wahlkampfbroschüre. Im laufenden Betrieb rieb sich mancher an Püschels Führungsstil, der hie und da den Pädagogen erkennen lässt. Die CSU als stärkste Fraktion konnte jedenfalls ihren Kandidaten Wolfgang Neumer durchsetzen, Püschel stellte sich als Vize zur Verfügung. Die Zügel aus der Hand gegeben hat er auf diesem Posten nicht wirklich, da sich Neumer, der nicht mehr antritt, wegen häufiger Auslandsaufenthalte oft vertreten ließ. Man kann getrost sagen, dass sich Neumer und Püschel das Amt geteilt hatten, wenn auch nur bedingt brüderlich.

Ganz ohne Rivalitäten konnte die Kooperation nicht abgehen, dennoch empfiehlt sich Püschel auch für die Zukunft als Teamspieler und kann sich, je nach Wahlergebnis, eine abermalige Vize-Kandidatur vorstellen. Die Prognose scheint schwieriger denn je, zumal in dem kleinen BA mit seinen 15 Mitgliedern nicht jeder Vorsprung in der Wählergunst ein Mandat bringt; gleich starke Fraktionen sind also gut möglich.

Während sich die CSU und ihr Listenführer Bernhard Wittek noch nicht auf eine Vorsitz-Kandidatur festgelegt haben, steht mit der Grünen Andrea Stadler-Bachmaier bereits eine chancenreiche Bewerberin bereit. Die 44-jährige Architektin, wie Püschel und Wittek aus dem Lehel, vertritt als selbstbewusste Sprecherin ihrer Fraktion offensiv grüne Positionen. Das gilt vor allem in der Verkehrspolitik, wo der Radverkehr absoluten Vorrang genießt und Autofahrer im Zweifel Spuren abgeben müssen. So bald Fahrbahnen temporär für Baustellen gesperrt werden, "pendelt es sich ein", sagt Stadler-Bachmaier, "warum also nicht dauerhaft"? Während die CSU dies grundsätzlich anders sieht, sucht Püschel die mittlere Position und betont: "Im Auto sitzt auch ein Mensch", idealerweise natürlich mehrere. Den frisch beschlossenen Altstadt-Radlring sieht er skeptisch, vor allem im Bereich zwischen Isar- und Sendlinger Tor. Selbst "leidenschaftlicher Radler", gibt Püschel doch zu bedenken, dass breite Radschnellwege im Winter eher leer bleiben. Fahrbahnverengungen sollten nicht einfach als Experiment laufen, ohne vorherige Untersuchung der Verdrängungseffekte und ohne Rücksprache mit den Anwohnern. Wie es nicht geht, habe die Stadt in der Fraunhoferstraße gezeigt.

Jenseits der Verkehrsfragen bemühen sich beide Bewerber um ein breit angelegtes soziales Profil, wobei Püschel eher einen Schwerpunkt beim Mieterschutz und den Alteingesessenen setzt, Stadler-Bachmaier eher bei den zugezogenen Familien und der Jugend. Mit Spielplätzen für Kleinere ist der Bezirk aus ihrer Sicht gar nicht so schlecht versorgt, Jugendliche ab zehn Jahren bräuchten dagegen dringend mehr Spiel- Sport- und Freizeitangebote.

Die Spitzenkandidaten der Parteien: CSU: 1. Bernhard Wittek, 2. Stefan Blum, 3. Karin Schnebel. SPD: 1. Wolfgang Püschel, 2. Julia Rothmayer, 3. Jürgen-Peter Pinck. Die Grünen: 1. Andrea Stadler-Bachmaier, 2. Philippe Louis. 3. Ilga Fink. FDP: 1. Stefanie Wagner-Schroiff, 2. Elke Elzer, 3. Cécile Prinzbach. FW/ÖDP: 1.-3. Philipp Tröbinger.

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SZ vom 10.01.2020 / raj
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