Süddeutsche Zeitung

Neuer Krimi:Kluftinger-Autoren nehmen Abschied vom Allgäu

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Guillaume Lipaire, der neue Serienheld von Volker Klüpfel und Michael Kobr, lebt in Südfrankreich und geht Kommissaren lieber aus dem Weg. Diese Abwechslung tut gut.

Von Sabine Reithmaier

Das Allgäu ist unbestritten eine schöne Gegend. Aber manchmal tut Abwechslung gut. Das gilt auch für das bekannteste Autoren-Duo dieser Region: Volker Klüpfel und Michael Kobr haben nach zwölf Krimis mit Kommissar Kluftinger einen neuen Serienhelden erfunden. Im Unterschied zum ewig grantelnden Käsespatzen-Fan geht Guillaume Lipaire der Polizei wegen diverser Gaunereien allerdings lieber aus dem Weg. Und er zieht in "Die Unverbesserlichen - Der große Coup des Monsieur Lipaire" seinen großen Coup nicht in Kempten durch, sondern im südfranzösischen Lagunenort Port Grimaud.

Die in der Nähe von Saint-Tropez gelegene Feriensiedlung wurde in den 1960er Jahren nach Plänen des Architekten François Spoerry auf trockengelegtem Sumpfland gebaut. Dort urlauben überwiegend die Reichen und die Schönen. Bloß gut, dass der Mittsechziger Lipaire angeblich Alain Delon ähnlich sieht, denn reich ist er auf jeden Fall nicht. Eigentlich wacht Wilhelm Liebherr, so sein eigentlicher Name, über die zahlreichen Ferienhäuser und Wohnungen im Städtchen, "hochoffiziell beauftragt und bezahlt von der Eigentümergemeinschaft".

Dass er Deutscher ist, merkt man seiner Ansicht nach kaum mehr. Die Einheimischen sehen das anders, schon allein weil der "Gardien" mit dem deutschen Akzent so überzogen pünktlich ist. Der seinerseits findet nichts dabei, gelegentlich eine Flasche Wein aus den Kellern der ihm anvertrauten Häuser zu mopsen, die Räumlichkeiten während der Abwesenheit der Besitzer anderweitig unterzuvermieten oder deren Autos zu nutzen. Natürlich auch das stilvolle Anwesen der adligen Familie Vicomte. Doch bei der Reinigung - die Eigentümer nahen bereits per Segelschiff - liegt plötzlich ein Toter im Haus. Lipaire und seinem Helfer Karmin bleibt nichts anderes übrig, als die Leiche ins Meer zu entsorgen, was aber etliche Schwierigkeiten und Verwicklungen auslöst.

Das Autoren-Duo nimmt sich auch selbst ein bisschen auf die Schippe

Die Vicomtes kommen nach Port Grimaud, weil sie einen Erpresser empfangen wollen. Der aber lässt auf sich warten, was die Geduld der wenig harmonischen Familie gehörig strapaziert. Einer der Söhne schreibt übrigens erfolgreich Kriminalromane, kann also, wie Lipaire findet, "unterm Strich nichts" - es gibt keinen Roman des Autoren-Duos, in dem es sich nicht selbst ein bisschen auf die Schippe nimmt.

Lipaire glaubt sich bald einem Schatz in Millionenhöhe auf der Spur; das Rätsel, das es dafür zu lösen gilt und das mit dem Gründer von Port Grimaud zusammenhängt, macht ihm allerdings schwer zu schaffen. Da er Arbeit aber ohnehin lieber delegiert als selbst erledigt, sammelt er, wenn auch nicht ganz freiwillig, eine bunte Truppe an Mitdetektiven um sich: den Wassertaxifahrer Karim Petitbon, der in die studierende Eisverkäuferin Jacqueline verliebt ist, den belgischen Ex-Fremdenlegionär Paul, den ein Geheimnis mit Lipaire verbindet, Delphine, die den Handyladen im Ort betreibt, sowie die 84-jährige Lizzy Schindler samt Pudel Louis, die gern in Erinnerungen an ihre Liebhaber schwelgt. Wie immer bei Klüpfel und Kobr sind auch die eigenwilligen Nebenfiguren mit viel Liebe fürs Detail gezeichnet, sie verleihen der amüsanten, mit Schwung und Witz erzählten Gaunerkomödie erst die richtige Würze. Was Ort und Landschaft betrifft, halten sich die Autoren an die Realität.

Natürlich klärt sich zum Schluss alles auf. Wenig überraschend, dass der große Reichtum für Lipaire ausbleibt und der das locker verschmerzt. Einen echten Kommissar gibt es übrigens auch, den leicht zerknitterten "commissaire Marcel". Aber den nimmt keiner so richtig ernst, das ist eben "nur Polizei".

Volker Klüpfel & Michael Kobr: Die Unverbesserlichen - Der große Coup des Monsieur Lipaire, Ullstein Verlag, 496 Seiten, 24,99 Euro.

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