Süddeutsche Zeitung

Künstlerische Ferienbetreuung:Malen mit der Salatschleuder

Lesezeit: 3 min

Von Barbara Hordych

Die schulfreie Zeit kreativ nutzen und den Nachwuchs gut betreut wissen - der Traum vieler Eltern. Die Nachfrage nach künstlerischen Freizeitangeboten für Kinder steigt, das bestätigen fest angestellte Museumspädagogen wie freie Kunstvermittler. "Vor allem berufstätige Mütter hätten gerne eine Ganztagsbetreuung in den Ferienzeiten", sagt die Kunstpädagogin Stephanie Waldschmidt, die sich um das Vermittlungsangebot der Pinakotheken kümmert. Ein Wunsch, den sie zwar verstehe, so aber mit ihrem Programm nicht leisten könne. Denn für ein Ganztagesangebot reiche oft weder das Thema noch die Ausdauer der Kinder, "deshalb konzentrieren wir uns bei unseren Ferienangeboten auf eine Kernzeit von 10 bis 14 Uhr". Rund vier Stunden also, das ist genau der Zeitraum, den auch die meisten anderen Anbieter, egal ob Museen oder freie Kunstvermittler, für ihre Aktionen veranschlagen.

Der Bedarf an kreativen Vermittlungsangeboten wächst, auch außerhalb der Ferienzeiten, "weil der Kunstunterricht in den Schulen immer weniger wird und an Stellenwert verliert", sagt Sandra Falkenstein. Die Kunstpädagogin ist als Programmchefin und Kursleiterin im Kinderkunsthaus in Schwabing tätig. Dort genießen es junge Besucher vom Kindergartenalter an, frei zu experimentieren - ohne Leistungsdruck und zu genaue Vorgaben, wie etwas "richtig" auszusehen habe, sagt Falkenstein. Vor vier Jahren gründeten der Münchner Mixtvision-Verleger Sebastian Zembol und seine Frau Alexandra Helmig den gemeinnützigen Verein, der in einer ehemaligen Flaschenfabrik auf 300 Quadratmetern viel Raum für Kreativität bietet, und das zu kleinem Preis: Fünf Euro Eintritt kostet der Zugang zu dem offenen Programm - unter der Woche nachmittags, an den Wochenenden ganztags. Unterstützt von Malern, Bildhauern, Trickfilmern und Medienpädagogen können die Kinder basteln, schnitzen, malen, filmen - und auch mal mit Salatschleudern rundum Farbe verspritzen. Denn der Spaß beim Machen steht im Vordergrund, es gilt die Devise: Die Kinder müssen nicht, sie dürfen. "Da wir nicht städtisch gefördert werden, sind uns diese Preise nur möglich durch die Spenden unserer Unterstützer", sagt Carolin Rottländer, die sich als "Außenministerin" für das Förderprogramm und die Öffentlichkeitsarbeit engagiert.

Die Kosten sind für viele Eltern zu hoch

Auf die vielfachen Wünsche berufstätiger Eltern reagiert das Kinderkunsthaus mit betreuten Ganztagsworkshops in den Ferien. Die Kosten dürften allerdings manche Eltern zögern lassen: Die Teilnahme an einer Exkursion mit Workshop kostet immerhin fünfzig Euro, "das ist aber für einen Betreuungsschlüssel von eins zu acht inklusive Material und Mittagessen nicht viel", sagt Carolin Rottländer.

Damit Kinder aus allen Bevölkerungsschichten ganz unabhängig vom Einkommen der Eltern in den Genuss einer qualifizierten Kunstvermittlung kommen, gibt es das vom Freistaat Bayern und der Landeshauptstadt München gemeinsam finanzierte Museumspädagogische Zentrum (MPZ). Seit 1973 betreut es mittlerweile rund dreißig Museen in München und zwanzig Museen in Bayern, mit allein 350 verschiedenen Führungsangeboten im Programm "Schule und Museum". Jährlich nehmen durchschnittlich 60 000 Schüler an den Veranstaltungen des MPZ teil, die schwerpunktmäßig allerdings auf die Vermittlung während der Schulzeit ausgerichtet sind. Den Freizeitbereich überlasse man überwiegend den angestellten Museumspädagogen der jeweiligen Häuser oder den privaten Anbietern, sagt Verena Eckardt, Referentin für Öffentlichkeitsarbeit beim MPZ. Denn im "Schulklassengeschäft" gebe es nicht viel zu verdienen: 35 Euro pro Stunde und Klasse koste das Angebot, was für den einzelnen Schüler etwa einen Euro Teilnahmegebühr ergebe, rechnet die Referentin vor.

Auch sie hat festgestellt, dass die Nachfrage nach kreativen Vermittlungsangeboten gestiegen ist. "Ganz allgemein kann man sagen: Die Museen bieten immer mehr an - und die Menschen greifen immer lieber zu." Eine Wechselwirkung, die dazu führe, dass Museen immer häufiger bereit seien, "sich Zielgruppen zu öffnen, die sie vorher nicht im Blick hatten", sagt Eckardt. So kommen Grundschulen und Kindertagesstätten, ja sogar Krippenkinder verstärkt in die Häuser - während die Gymnasiasten draußen blieben. "Das liegt an dem G8-Lehrplan, der ist so eng, dass den Lehrern und Schülern keine Zeit mehr für einen Ausgang bleibt", sagt Eckardt. Zumindest einen dreitägigen Workshop hat auch das MPZ in den Pfingstferien im Angebot, für nur drei Euro pro Tag. "Das ist eben die Stärke des MPZ, das können freie Anbieter nicht leisten", räumt Eckardt ein.

Schwerpunkt in den Sommerferien

Zu den gut vernetzten privaten Anbietern in München gehört auch der 2004 gegründete Verein "Kuki - Kunst für Kinder". "Die Ferienzeiten sind unsere Nische", sagt Mitbegründerin Julia Marx. Mit ihrem Kunstvermittlungsteam begibt sie sich auf "Schatzsuche" in Münchner Museen. "Wir entdecken auf unseren Forschertouren die jeweiligen Bildwerke, danach können die Kinder immer selbst kreativ werden", sagt die Kunstpädagogin. Gerne wird Kuki als Kooperationspartner für Veranstaltungen in die Museen geholt, dann ist der Eintritt kostenlos oder beträgt höchstens sechs Euro. "Wir reagieren aber auch mit Ferienworkshops auf die verstärkte Nachfrage von Seiten der Eltern", sagt Marx. Die schlagen dann allerdings wieder teurer zu Buche: 25 Euro kostet so ein kreativ verbrachter halber Tag.

Wem das zu viel ist, oder wer keinen der raren Plätze mehr ergattern konnte, der muss sich noch bis zu den Sommerferien gedulden. Da haben die Münchner Museen zahlreiche mehrstündige und mehrtägige Aktionen im Angebot, die von ihren eigenen Kunstvermittlern oder vom MPZ gestaltet werden - für einen geringen Unkostenbeitrag. Warum erst im Sommer? "In den Pfingstferien sind erfahrungsgemäß viele Familien verreist, deshalb konzentrieren wir unser Angebot auf die Sommerferien", sagt Claudia Weber, Sprecherin der städtischen Galerie des Lenbachhauses.

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SZ vom 22.05.2015
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