Süddeutsche Zeitung

Kritik:Wow und Boah ey

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Das Jugendkonzert der Münchner Philharmoniker mit einem überwiegend begeisterten Publikum.

Von Klaus Kalchschmid

Was für ein Erlebnis, als regelmäßiger Besucher klassischer Konzerte den Altersdurchschnitt mal nicht zu drücken, sondern zu heben. Statt wie sonst bei 75 plus lag er beim Jugendkonzert der Münchner Philharmoniker in der Isarphilharmonie bei vielleicht 10 oder 15! Entsprechend ausgelassen die Laune in Pausenhof-Lautstärke, von Moderator Malte Arkona gleich noch angefeuert: "Wow, ein Orchester so frisch verliebt, verlobt und seit gestern auch verheiratet! Aber heute steht wieder ein anderer Kerl vor ihnen!"

Die Wenigsten dürften die Anspielung auf die Vertragsunterzeichnung mit Lahav Shani als neuer Chefdirigent verstanden haben, dachten sich aber vielleicht: "Na dieser junge Lorenzo Viotti mit den tollen braunen Locken wäre in seinem superschicken dunkelblauen Frack auch ein schmucker Bräutigam!"

Die Stimmung blieb prächtig und ein kleiner Film, bei dem die Synagoge am Jakobsplatz im Mittelpunkt stand und erklärt wurde, was es mit Ernest Blochs "Schelomo", seiner "Hebräischen Rhapsodie" für Cello (das König Salomon sprechen lässt) und Orchester auf sich hat, käme sicher auch beim erwachsenen Publikum gut an. Von einigen unverbesserlichen Dauer-Tuschlern abgesehen, herrschte danach gebannte Aufmerksamkeit für das facettenreiche Spiel der Philis und den großartigen Gautier Capuçon, der dann auch charmant Rede und Antwort stand.

Nach der Pause folgte mit "Aus Italien" die dreiviertelstündige, mit vier unterschiedlichen Sätzen aber auch kurzweilige "Sinfonische Fantasie" des 22-jährigen Richard Strauss. Die anschaulichen Landschafts- und Meeres-Schilderungen sowie der "tolle Orchesterspuk" rund um den Werbe-Schlager für die Standseilbahn auf den Vesuv ("Funiculi, funicula") des Finales machten bei den Teenies großen Eindruck dank bestens gelaunter Philharmoniker und eines vitalen Dirigenten, dem man gerne zuschaute. Begeisterter Applaus, aber auch das eine oder andere Stöhnen: "Boah ey, war das laaang!"

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