Süddeutsche Zeitung

Intrigen bei der Münchner CSU:Mauschelnd an die Macht

Lesezeit: 2 min

Von Andreas Glas, Dominik Hutter und Frank Müller, München

Die Auffälligkeiten bei den CSU-Ortsverbandswahlen in München-Mitte sind kein Einzelfall. Seit Dienstagabend hat auch der Ortsverband Obermenzing mit JU-Chef Stephan Pilsinger einen neuen Vorsitzenden - wie zuvor schon in der Maxvorstadt waren auch dort in den vergangenen Monaten auffallend viele junge Neumitglieder beigetreten. In der Partei kursieren Vermutungen, dass es dabei um Mandate geht: um das des Bundestagsabgeordneten Hans-Peter Uhl, der 2017 nicht mehr antreten will, sowie um die Nachfolge des früheren Münchner CSU-Chefs Otmar Bernhard im Maximilianeum.

Pilsinger kegelte bei den turnusmäßigen Vorstandswahlen den langjährigen Vorsitzenden Frieder Vogelsgesang aus dem Amt, "einvernehmlich", wie er am Mittwoch versicherte. Tatsächlich hatte Vogelsgesang, der in Obermenzing außerordentlich bekannt ist, nicht mehr kandidiert und sich im Vorfeld mit Pilsinger auf ein Personaltableau geeinigt. Allerdings geschah dies nicht ganz freiwillig, wie Vogelsgesang einräumt. Angesichts der "Übermacht junger Neumitglieder" mit erklärter Sympathie für Pilsinger sah der Vorsitzende des Fördervereins Schloss Blutenburg keine Chance mehr für sich, obwohl er erklärtermaßen den Posten gerne weitergeführt hätte. Auf eine Kampfkandidatur verzichtete er daher.

Jedes neue Mitglied ist abgesegnet

Die Pilsinger-Fraktion besteht aus zahlreichen jungen Leuten, die zumindest Vogelsgesang zuvor nicht bekannt gewesen sind und nach seinen Angaben teilweise nicht im Stadtviertel oder aber in Studentenheimen wohnten. Zwar verweist Pilsinger darauf, dass jedes neue CSU-Mitglied vom Ortschef abgesegnet worden sei. Dies sei aber eher Formsache, erklärt Vogelsgesang. "Mit welcher Begründung hätte ich sie ablehnen sollen?"

Der Landtagsabgeordnete und Kreisvorsitzende im Münchner Norden, Joachim Unterländer, hat derweil bestätigt, dass es auch im Ortsverband Neuhausen Unregelmäßigkeiten gegeben hat. Dass bei der Wahl vor zwei Wochen überraschend gleich mehrere Delegierte gekippt wurden, sei "ungewöhnlich", sagte Unterländer. Aus dem Umfeld des Ortsverbands heißt es, dass die neuen Delegierten zum Teil erst wenige Monate CSU-Mitglied gewesen seien, aber trotzdem gezielt von Ortsverbandschef Christian Haase und Stadträtin Kristina Frank in die Ämter gehievt worden seien. Beiden werden landespolitische Ambitionen nachgesagt.

Statik der Partei nicht bedroht

In der Partei stießen die Verschiebungen auf sehr unterschiedliches Echo. Bezirkschef Ludwig Spaenle, zugleich Kultusminister, sagte am Rande einer Landtagssitzung, zwar gebe es Probleme mit "einer kleinen Truppe" von Nachwuchspolitikern. Die Statik der Partei und seine eigene Position sehe er aber nicht bedroht, sagte Spaenle. Auch er selbst muss sich in diesem Jahr der Wiederwahl stellen, so wie alle Funktionäre der CSU. Die derzeitigen Ortswahlen sind die Basis für die späteren Neuwahlen auf den höheren Ebenen. Andere führende CSU-Mitglieder halten die Vorgänge für wesentlich gravierender. Es könne sein, dass derzeit die Grundlage dafür gelegt werde, dass bei den kommenden Wahlen für Landtag, Bundestag und Rathaus viel umfassendere Auswechslungen stattfinden, heißt es in der Münchner CSU. Bezirkschef Spaenle wird vorgehalten, dies zu spät erkannt zu haben. Er weist das von sich.

Dokumente aus der Partei, die der SZ vorliegen, belegen die gezielten Verschiebungen von Mitgliedern. Alleine für den Ortsverband Obermenzing gab es demnach in jüngster Zeit 16 gezielte Neueintritte aus anderen Teilen Münchens. In einem Fall in Gern ließ die Partei den Wohnsitz eines möglichen Kandidaten durch eine Abfrage beim Einwohnermeldeamt überprüfen. Dabei stellten sich Unstimmigkeiten heraus: Der Mann, der möglicherweise den Ortsverband Gern übernehmen will, wohnte ursprünglich gar nicht in München.

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Quelle:
SZ vom 12.03.2015
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