Süddeutsche Zeitung

Integration:Junge Münchner und Geflüchtete feiern gemeinsam

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Von Melanie Staudinger

Der Name, der auf den Plakaten steht, ist schlicht, und doch fällt er sofort ins Auge: Bæʃ Faŋki, "Beige Funky" in Lautschrift geschrieben. Und darunter "eine Party, die verbindet". Mehr Worte braucht es nicht, um ein neues Projekt aus München zu beschreiben, das sich für Toleranz, Integration und interkulturellen Austausch einsetzt. Das Konzept: Junge Münchner und junge Geflüchtete sollen sich kennenlernen und miteinander Spaß haben - abseits von Schule, Sozialarbeit und anderen pädagogischen Konzepten. Sie sollen in ungezwungener Atmosphäre zusammenkommen, Musik hören, tanzen, feiern - auf Partys, die so günstig sind, dass alle sie sich leisten können. An diesem Freitag findet die dritte Party statt, dieses Mal sogar im bekannten Club Milla im Glockenbachviertel.

Die Geschichte von "Bæʃ Faŋki" aber beginnt schon viel früher. Gut zweieinhalb Jahre ist es her, dass der heute 21-jährige Joshua Ullmann zusammen mit einer damaligen Arbeitskollegin auf die Idee kam. "Wir wollten alternativeres Programm anbieten für junge Geflüchtete, weil wir das Gefühl hatten, dass alle ins Backstage gehen, weil sie nichts anderes kennen", erzählt er. Der Plan war da, die Umsetzung aber stockte zunächst. "Ich habe dann beschlossen, es alleine zu machen und habe Locations angefragt, die ich selbst gut finde", berichtet Ullmann. In seinen Bekannten Jannis Herzberger und Ronja Schindler fand er Mitstreiter, später stieß noch Nina Prata zum Team.

Die vier engagieren sich schon länger für Flüchtlinge. Herzberger etwa trainiert eine Fußballmannschaft für junge Geflüchtete zwischen 17 und Anfang 20. Ullmann arbeitet in der Jugendhilfe beim Träger "Gesellschaftspolitische Projekte", der auch Wohngruppen für unbegleitete Flüchtlinge anbietet. Und Prata fuhr 2015 mit Freunden an die österreichische Grenze, als viele geflüchtete Menschen endlich aus Ungarn ausreisen durften. Mit im Gepäck war ein selbstgebauter Wickeltisch, der so praktisch war, dass die Johanniter ihn als Hygienestation gleich übernahmen.

Die jungen Leute stellten zunächst aber fest: Wer in München etwas auf die Beine stellen will, braucht Geduld, vor allem deshalb, weil partygeeignete Räume in einer Stadt, in der bei Champions-League-Spielen sogar die Plätze an der Bar ausreserviert sind, meist lange im Voraus ausgebucht sind. Im Frühling vergangenen Jahres kam dann die erste Zusage: Die Glockenbachwerkstatt hatte einen Termin frei. Im September. "Das war dann aber gar nicht so schlecht, weil wir so ewig Zeit zum Planen hatten", sagt Ullmann.

Neben Schule, Arbeit und Nebenjobs begann die Gruppe mit der Organisation. Herzberger und Ullmann, beide selbst Musiker und DJs, haben gefragt, ob diese Lust hätten, bei der Party aufzulegen. "Uns war wichtig, dass wir unterschiedliche Musikstile haben", sagt Herzberger. Deshalb legt jede Stunde ein anderer DJ auf. Wichtig war von Anfang an auch, dass nicht nur Leute, die schon länger in München leben, die Möglichkeit zum Auflegen haben, sondern auch Flüchtlinge - vor allem diejenigen aus afrikanischen Ländern zeigen daran großes Interesse. Schindler, Schülerin am " International Munich Art Lab" (IMAL), einem Berufsorientierungsprojekt für künstlerisch begabte Jugendliche, gestaltete Flyer. Das Konzept ging auf, mehr als 300 Leute kamen zur ersten Party. "Irgendwann haben wir aufgehört zu zählen", sagt Prata.

Geflüchtete aber waren noch wenige unter den Gästen. "Mittlerweile hat sich das aber herumgesprochen", sagt Herzberger. Bei der zweiten Party im Dezember legten schon drei DJs mit Fluchthintergrund auf, entsprechend bunter wurde das Publikum und zahlreicher. Nun wagen die vier den Standortwechsel in den Milla Club. "Wir wollten mal etwas Abwechslung reinbringen", sagt Schindler. Günstig bleiben soll die Veranstaltung trotzdem. Drei bis fünf Euro kostet der Eintritt - je nachdem, wie viel der jeweilige Gast zahlen kann. Einen Teil davon erhält der Club, den Rest investieren die vier in die nächste Party. Geld verdienen wollen sie mit ihrem Projekt nicht. "Dann könnten wir nicht mehr so frei denken", sagt Ullmann.

"Bæʃ Faŋki" beginnt am Freitag, 9. März, um 23 Uhr im Milla Club, Holzstraße 28. Angekündigt sind DJ Sala, Layo, Jannis Choppin, DJ Baxter (Refugee Rap Squad), Nicht die Hellsten und Mindsight.

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Quelle:
SZ vom 08.03.2018
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