Süddeutsche Zeitung

Im alten Kongressgebäude:Der Blitz hat eingeschlagen

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Der neue Club samt Restaurant auf der Museumsinsel hat das Zeug zu einem besonderen Ort des Nachtlebens

Von Laura Kaufmann

Stil hat man oder man hat ihn nicht. Sandra Forster und ihr Team zum Beispiel haben ihn. Im neuen Restaurant "Blitz" auf der Museumsinsel tanzt er in Form von fröhlich-bunt gekleideten Día-de-Muertos-Skeletten über die Wand, passend zur südamerikanisch inspirierten, vegan-vegetarischen Küche. Die Gäste sitzen auf eklektisch arrangierten roten und taubenblauen Stühlen, über der Fensterfront zur Isar hin hängen Blumentöpfe.

Nachdem die Eröffnung des gleichnamigen Clubs am Wochenende zuvor in ein kleines München-Nachtleben-Drama ausartet ist, weil die Neugierigen von der Museumsinsel bis an die Trambahngleise drängten und nicht mehr hinein kamen, geht es diesen Freitag gediegener los. Dinner und Drinks. Das Restaurant ist eröffnet. Und für später ist vorgesorgt: Draußen sind jetzt Absperrgitter in Schlangenlinien aufgebaut, wie vor einer Gepäckkontrolle am Flughafen. Der Blitz weiß jetzt, wie er einschlagen muss, damit nicht gleich Chaos entsteht und die Polizei anrücken muss.

Der Blick auf die Karte lässt erstmal schlucken. Wo zahlt man schon 23 Euro für eine vegetarische Fajita, und wieso fangen die "Entradas" bei 8,50 Euro an?

Erst einmal einen der kreativen Cocktails bestellt, der sehr schnell milder stimmt: Das Blitz-Team hat eigens eine Zuckerrohrpresse importiert, um mit dem Saft wohlschmeckende Daiquiris (10,50 Euro) zu mixen. Die Speisen sind milde gestimmt und ihren Preis wert. Die Sojabarbecuespieße auf Salat mit Grapefruitschnitzen und Ananas-Dressing (16 Euro) sind eine vollwertige Mahlzeit, kein Entrada. Die Fajitas kommen als üppige Portion zum Selberrollen an den Tisch, dazu geriebener Manchegokäse, Guacamole, eine herrlich schokoladige Bohnenmousse. Als Füllung Quinoa mit geschmorten Tomaten und Pilzen im Pfännchen (23 Euro).

Im Restaurant ist es glücklicherweise erlaubt, Fotos zu machen. Eine Tür weiter im Club, ist es verboten. "Wir leben in Zeiten, in denen die meisten von uns stets davon besessen sind, Momente und Erfahrungen festzuhalten, wobei wir alle dadurch genau die besonderen darunter verpassen", so erläutern die Clubbetreiber auf ihrer Facebookseite die No-Photo-Policy. Und der Mythos soll wohl auch genährt werden, wenn keine Bilder nach außen dringen.

Durch einen ersten Raum mit nackten Betonwänden und einer großen, zentralen Bar gelangt man zum eigentlichen Herzstück, der Tanzfläche. Dieser Raum ist verschachtelter, als eine Bienenwabe, die Wände neigen sich zur Decke hin. Wabenartig geformte Holzwände, unterbrochen von Metallstreben, alles in schummriges Licht getaucht. Scheinwerfer brechen durch den im Raum wabernden Nebel, Bass ersetzt den Herzschlag. Für elektronische Musik perfektioniert ist die Anlage, eine, die Experten bejubeln und den tanzenden Laien in der Musik aufgehen lässt.

Auf der Suche nach den Toiletten findet man sich in einem Foyer wieder und fragt sich, ob man diese Treppe als Kind schon heruntergelaufen ist, noch leicht benebelt von der künstlichen Weite des Alls im Planetarium. War das hier? Verwirrend, all diese Türen, aber die vagen Kindheitserinnerungen verleihen dem Gebäude auf der Museumsinsel eine zweite, mythische Ebene. "Love is the Message", steht in bunten Buchstaben am Eingang. Davor hat sich eine Schlange gesammelt, jeder möchte den Neuzugang der Clublandschaft sehen. Der Blitz hat ins Herz der Nacht getroffen.

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Quelle:
SZ vom 02.05.2017
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