Süddeutsche Zeitung

Hilfe für Münchner Wirte:Lokalverbot für Nazis

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Kein Wirt will sie haben - aber viele wissen nicht, wie sie sie losbekommen. Jetzt unterstützt die Stadt München Lokalbesitzer im Umgang mit Neonazis - und erklärt, wie sich die Wirte gegen unerwünschte Gäste aus dem rechten Milieu wehren können.

Bernd Kastner

Immer wieder treffen sich Neonazis in Gaststätten, sei es zu eigenen Veranstaltungen, sei es zu Stammtischen. Die Stadt will gegenhalten und hat nun die 40-seitige Broschüre "Anmietungen durch Rechtsextreme" veröffentlicht mit Ratschlägen, wie man diesen Gästen oder Mietinteressenten begegnet. "Schutz für Kommunen und Vermieter", lautet der Untertitel. Miriam Heigl von der Fachstelle gegen Rechtsextremismus im Rathaus über die Gründe für die Publikation.

Die Stadt geht mit der Broschüre einen ungewöhnlichen Weg im Kampf gegen Rechtsextreme.

Für München ist das neu, aber in anderen Städten gibt es diese Form der Aufklärung schon geraume Zeit, in Berlin oder Köln zum Beispiel. Die Broschüre soll zeigen: Jeder kann handeln gegen Neonazis.

An wen richtet sich das Heft?

An die Mitarbeiter von Kommunen ebenso wie an private Gewerbevermieter. Oft versuchen Rechtsextreme Nebenräume in Gaststätten zu nutzen, also richten wir uns vor allem an Wirte. Vielen Wirten ist unklar, was sie tun können, um Neonazis fernzuhalten, welche Mietverträge für ihre Räume sie verwenden sollen.

Was raten Sie Wirten?

Es ist immer wichtig, dass sie sich informieren, wer in ihr Lokal kommt. Sinnvoll ist auch der Kontakt zur Polizei und zu zivilgesellschaftlichen Initiativen, die sich gegen Neonazis engagieren, und natürlich auch zur Fachstelle gegen Rechtsextremismus im Rathaus. Auf jeden Fall sollten die Wirte Infos über ihre potenziellen Gäste ernst nehmen. Wir geben den Wirten mit der Broschüre einen Muster-Mietvertrag an die Hand. Notfalls können sie ungebetene Gäste nach Hause schicken.

Sie empfehlen also, generell einen Mietervertrag über die Nutzung eines Gaststätten-Nebenraumes abzuschließen.

Ja, weil das einen abschreckenden Effekt auf Neonazis hat. Das kann man auch normalen Gästen zumuten, die werden es verstehen, wenn man ihnen den Grund erklärt.

Welche Chance hat denn ein Wirt, rechtzeitig zu erkennen, ob es sich um Rechtsextreme handelt?

Zuerst sollte er nachfragen, was die Gäste denn vorhaben, ob es eine private, politische oder gesellschaftliche Veranstaltung wird. Wer dann ein ungutes Gefühl hat, sollte sich informieren, gerne auch bei uns. Normalerweise werden zivilgesellschaftliche Gruppen, die von rechtsextremen Aktivitäten wissen, den Wirt aber von sich aus ansprechen.

Welche Erfahrung haben Sie mit Wirten gemacht, wenn Sie sie gewarnt haben vor Neonazis?

Meistens sind die Wirte überrascht und wollen nicht, dass sich Rechtsextremisten bei ihnen treffen. Aber manchmal wird schon auch klar, dass einer Sympathien hegt mit den ganz Rechten.

Und dann? Wenden Sie sich dann an die Brauerei, die das Lokal verpachtet?

Die Brauereien sind nach unserer Erfahrung sehr daran interessiert, dass keine Rechtsextremen in ihre Räume kommen.

Wenn man den Appell der Stadt, rechtsextreme Gäste abzuweisen, konsequent zu Ende denkt, finden diese Gruppen keinen Platz mehr im halb-öffentlichen Raum der Gastronomie. Ist dies denn noch mit dem Grundrecht auf freie Meinungs- und Versammlungsfreiheit zu vereinbaren?

Mit der Broschüre wollen wir aufklären. Welche Konsequenzen Wirte daraus ziehen, liegt im privatrechtlichen Bereich, da mischen wir uns nicht ein. Dass wir Wirte informieren, ist auf jeden Fall juristisch fundiert, die Regierung von Oberbayern hat uns das explizit erlaubt. Hinter dieser Aufklärung steht die Politik der Stadt München, die nicht will, dass sich rechtsextreme Strukturen im Stadtgebiet verfestigen. Rechtsextreme wollen die Stadtgesellschaft spalten und Vorurteile schüren. Da sehen wir uns in der Pflicht gegenzuhalten.

Die Broschüre ist kostenlos erhältlich bei der Fachstelle gegen Rechtsextremismus (E-Mail: fgr@muenchen.de).

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Quelle:
SZ vom 19.06.2012
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