Süddeutsche Zeitung

Heimkehr:Circus Roncalli kommt mit Jubiläumsprogramm nach München

Lesezeit: 3 min

Direktor Bernhard Paul erzählt, warum er sich der Stadt verbunden fühlt, dass er die Tierschutzorganisation Peta für eine Sekte hält, und warum Roncalli von 2018 an dennoch "tierfrei" sein wird.

Von Barbara Hordych

Bernhard Paul ist ein Traditionalist. Und zugleich ein Zukunftsvisionär. Ein Spagat, den der Gründer und Direktor des Circus Roncalli auch wieder mit seinem Jubiläumsprogramm "40 Jahre Reise zum Regenbogen" vollbringen will, das vom 7. Oktober bis 12. November am Leonrodplatz gastiert.

"Das Bühnenbild stammt aus der Zeit der Jahrhundertwende bis hin zu den Dreißigerjahren, doch im Programm sind künstlerische Elemente wie Beatboxen, die gar keine klassischen circensischen Künste sind", erklärt er bei einem Treffen im Bayerischen Hof. Dort logiert er mit seinen Töchtern und Artistinnen Vivian und Lili, denn für den nächsten Tag ist die Pressekonferenz zu seinem Jubiläumsgastspiel in München geplant.

Für ihn sei die Rückkehr nach München nach vier Jahren so etwas wie eine Heimkehr, sagt Paul. Schwarze Lederjacke, markante, inzwischen weiße Mähne, Schnauzbart und getönte Sonnenbrille - mit seinen siebzig Jahren hat Paul die Anmutung eines ehemaligen Rockstars.

"Die Musik, insbesondere das Schlagzeug, war immer meine Leidenschaft", sagt Paul. So ist denn auch die Gelegenheit, internationale Stars wie Udo Lindenberg, Sting, die Bee Gees und Marius Müller-Westernhagen als Gäste und häufig als wiederkehrende Freunde kennenzulernen, einer der schönen Nebeneffekte seiner Arbeit, erzählt Paul.

Doch zurück zu München. Seine Tochter Lili und sein Sohn Adrian sind in der Landeshauptstadt geboren. Weil man, wie das beim Circus eben so ist, damals gerade hier auf Tournee war. 14 Gastspiele waren es in den vergangenen vierzig Jahren in der Stadt, und die Münchner hätten sich immer begeistert gezeigt von der ganz speziellen Roncalli-Mischung aus Poesie, Akrobatik und Clownerie.

"Anfangs spielten wir auf einer Freifläche, die später durch die Pinakothek der Moderne belegt wurde, die wurde im Volksmund sogar zum 'Roncalli-Platz' getauft", erinnert sich Paul. Vor vier Jahren waren sie dann auf dem Viehhof im Schlachthofviertel zu Gast. Heuer sind sie die ersten "Zwischennutzer" eines Platzes im Kreativquartier an der Dachauer Straße.

"Ein großer Glücksfall für uns", wird er bei der Pressekonferenz am nächsten Vormittag erklären. Denn die 6 000 Quadratmeter große Freifläche ist erst durch den Abriss einer Halle vor einer Woche entstanden, wie der zuständige Kommunalreferent Axel Markwardt bei der Konferenz ergänzt.

Roncalli wird von 2018 an "tierfrei" sein

"Wir sind eben ein Großstadtzirkus und brauchen zentrale Plätze für unsere achtzig historischen Wagen, 120 Artisten, Musiker und Mitarbeiter", sagt Paul. Und natürlich für das 1 500 Zuschauer fassende Zelt, das von rund 10 000 Glühbirnen und Messinglampen beleuchtet wird, die Roncalli in dieses charakteristisch nostalgische Licht tauchen.

Mit seinem Wunsch, nicht irgendwo außerhalb auf der grünen Wiese, sondern mitten in der Stadt zu spielen, hänge auch die Neuerung zusammen, dass Roncalli von 2018 an "tierfrei" sein werde. "Das ist keinesfalls ein Kniefall vor dieser Tierschutzorganisation Peta", redet sich Paul in Rage. Denn die halte er für "eine Sekte". Freilich standen er und seine Tiere nie im Mittelpunkt von deren Angriffen, weil er keine Exoten, sondern hauptsächlich Pferde in seinen Programmen habe.

"Es hat logistische Gründe. Schon für die Ponys ist es schwierig, innerstädtisch Wiesen in unserer Nähe zu finden", sagt Paul. In Wien beispielsweise, wo das aktuelle Jubiläumsprogramm so erfolgreich lief, dass es regelmäßig ausverkauft war und Paul für Zusatzvorstellungen verlängern musste, standen sie mitten auf dem Rathausplatz. "Wo wollen sie da, direkt gegenüber vom Burgtheater, mit den Ponys hin?", fragt Paul.

Der nicht nur die Pressekonferenz zum München-Gastspiel in der Bayernstube bei Käfer abhält. Sondern sich noch gerne an die Feier anlässlich seiner Hochzeit mit Ehefrau Eliana vor dreißig Jahren in diesem Haus seines alten Freundes Gerd Käfer erinnert. Durch die Hochzeit mit Eliana, die in der achten Generation aus einer italienischen Zirkusdynastie stammt, verband sich der Zirkusvisionär Paul mit einer Tradition, die er bereits als Sechsjähriger lieben lernte.

Damals gastierte ein Circus in dem kleinen niederösterreichischen Industrieort, in dem Paul aufwuchs. Und er freundete sich mit den Zirkuskindern an, die eine Zeitlang mit ihm zur Schule gingen. "Von da an stand für mich fest, zum Circus gehen zu wollen, auch wenn meine Eltern das natürlich nicht ernst nahmen", sagt Paul. Über seine Frau Eliana gibt es übrigens eine weitere Verbindung zu München. "Eliana war damals als Artistin im Circus Krone engagiert. Als ich sie bei ihrem Auftritt sah, sagte ich zu meinen Freunden: Die werde ich heiraten!"

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SZ vom 06.09.2017
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