Süddeutsche Zeitung

Hadern:Das Visier herunterklappen

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Lokalpolitiker wollen virensicher tagen - aber ihr Gesicht zeigen

Von Berthold Neff, Hadern

Die Lage wird schlimmer: Das war den Mitgliedern des Haderner Bezirksausschusses (BA) schon am Montagabend klar, als sie sich zu ihrer Sitzung in der recht kühlen Turnhalle der Mittelschule an der Blumenauer Straße trafen. Weil in der Landeshauptstadt die Zahl der Corona-Infektionen stark gestiegen war, hatte Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) am Vormittag etliche Bürgerversammlungen abgesagt, darunter auch jene für Hadern, die für Donnerstag, 15. Oktober, im Circus Krone angesetzt war.

Anders als im Mai, als man sich - ebenfalls unter Corona-Bedingungen - zur konstituierenden Sitzung im großen Saal des Alten Rathauses getroffen hatte, behielten alle BA-Mitglieder ihre Mund-Nasen-Masken durchgehend auf; im Mai hatten die meisten sie abgenommen, sobald sie an ihren Sitzplätzen waren. Das erschwert natürlich den Diskurs. Erstens hört sich so mancher Redebeitrag wie ein Nuscheln an, zweitens bleibt die Mimik fast komplett verborgen. Das war für Irmgard Hofmann (SPD), die stellvertretende BA-Vorsitzende, Grund genug für einen eher ungewöhnlichen Vorschlag: Man könnte doch für die künftigen Sitzungen für alle BA-Mitglieder aus dem Budget des Gremiums Gesichtsvisiere bestellen, die ähnlich wie herkömmliche Mund-Nasen-Masken einen Schutz vor dem Virus bieten, aber dennoch einen Blick ins Gesicht des Gegenübers erlauben. Irmgard Hofmann, gelernte Gesundheits- und Krankenpflegerin und derzeit auch als Lehrerin in der Altenpflege tätig, berichtete ihren Kollegen von den positiven Erfahrungen, die sie auch im Unterricht mit diesen transparenten Halb-Masken gemacht habe. Auch im politischen Diskurs sei es wichtig, das Gesicht zu erkennen, das sich sonst hinter der Maske verstecke. Dem Argument, dass solche Visiere das Virus nicht komplett am Entweichen hinderten, entgegnete sie damit, dass keine der üblichen Masken dicht schließe, auch nicht die klinischen. Sie sei inzwischen ein Fan dieser transparenten Masken. Das sahen dann auch ihre BA-Kollegen so, mehrheitlich wurde die Bestellung beschlossen.

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Quelle:
SZ vom 16.10.2020
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