Süddeutsche Zeitung

Gastronomie:Nichts gegessen? Macht 150 Euro!

Lesezeit: 2 min

Viele Spitzenrestaurants in München erheben Stornogebühren, wenn die Gäste nicht erscheinen. Das soll denen entgegen wirken, die sich erst kurzfristig festlegen.

Von Franz Kotteder

Wenn internationale Geschäftsreisende in Gruppen verreisen, zu Messen beispielsweise, dann kommt es nicht selten vor, dass sie abends in edlen Sternerestaurants einen großen Tisch reservieren. Für die Lokale ist das höchst erfreulich - aber nur dann, wenn die potenziellen Gäste das nicht parallel in mehreren Restaurants tun. Und das kommt offenbar gar nicht so selten vor. Innegrit Volkhardt, Inhaberin des Bayerischen Hofs, hat schon des Öfteren von Fällen gehört, "da haben ganze Gruppen gleichzeitig im Tantris, im Esszimmer, im Königshof und bei uns reserviert und haben dann am selben Abend erst entschieden, wohin sie gehen wollen".

Bobby Bräuer, Chefkoch vom Zwei-Sterne-Restaurant Esszimmer in der BMW-Welt, hat daraus vor Kurzem die Konsequenzen gezogen. Beim "Chef's Talk" des Gourmetmagazins Feinschmecker in seinem Restaurant, zusammen mit dem Sternekoch Dirk Luther vom Alten Meierhof in Glücksburg (Schleswig-Holstein), erzählte er, dass er in seinem Restaurant mittlerweile eine Stornogebühr in Höhe von 100 Euro einfordere, wenn Gäste nicht erscheinen. "No-shows" heißt das im Gastro-Jargon, wenn Leute erst einen Tisch reservieren und dann nicht kommen, im Unterschied zum "Walk-in", der Laufkundschaft, die aber in der Spitzengastronomie kaum eine Rolle spielt. Im Matsuhisa, dem Spitzenrestaurant im Hotel Mandarin Oriental, ließen sich die wenigen No-shows dadurch kompensieren, so sagt Pressesprecherin Isabelle Winter, dass man die frei gewordenen Plätze an Kurzentschlossene weitergebe.

"Wir haben im vergangenen Jahr durch No-shows grob geschätzt an die 70 000 Euro netto verloren", berichtet Bobby Bräuer, "das wollte ich einfach nicht mehr länger mitmachen. Wir sind ja schließlich nicht zum Spaß hier." Gerade in der Spitzengastronomie, in der die Personalkosten und der Wareneinsatz hoch sind und die Gewinnspannen deshalb niedrig, ist das oft ein ziemlicher Schlag ins Kontor, wenn ganze Tische abends unbesetzt bleiben. Kollege Dirk Luther kennt das Problem zwar auch, ist davon aber weniger betroffen: "Wir haben zu 90 Prozent Gäste, die auch im Hotel wohnen. Wenn die reservieren, kommen sie natürlich auch."

"Es gibt weiterhin No-shows, aber ein Rückgang durch die Stornierungsgebühr ist zu merken."

Ein Hotelrestaurant ist das Atelier im Bayerischen Hof zwar auch, aber mit seinen drei Sternen zugleich auch das Flaggschiff der Münchner Spitzengastronomie, zu dem Gourmets aus aller Welt kommen. Das ist in dieser Liga so üblich. Seit das Atelier seine drei Sterne hat, also seit Ende vergangenen Jahres, verlangt das Restaurant eine Stornierungsgebühr von 150 Euro pro Person. Hat das etwas bewirkt bei jenen Gästen, für die Geld ohnehin kaum eine Rolle spielt? Pressesprecher Philipp Herdeg sagt: "Es gibt weiterhin No-shows, aber ein Rückgang durch die Stornierungsgebühr ist zu merken."

Auch die Gäste von noblen Restaurants wollen ein bisschen an der Hand genommen werden. Im Tantris zum Beispiel fragt man bei allen Reservierenden einen Tag vor der Buchung oder am selben Tag mittags noch einmal nach, ob es bei Personenzahl und Uhrzeit bleibt. "Das klappt sehr gut", sagt Sprecherin Pascale Kassel, "eigentlich haben wir so gut wie gar keine No-shows mehr." Nur wer sich gar nicht meldet oder nicht absagt, muss 100 Euro pro Person bezahlen. Etwas günstiger ist momentan noch das Restaurant Dallmayr. Dort zahlt man 80 Euro, wenn man Köche und Servicepersonal sitzen lässt. "Wir haben das Problem eigentlich kaum noch", sagt Florian Hettler, bei Dallmayr verantwortlich für die Gastronomie.

Im Allgemeinen wird die ganze Sache sowieso nicht so heiß gegessen wie gekocht. Entgegenkommen ist immer noch möglich, wenn der Grund fürs Nichterscheinen wirklich gravierend ist - bei einem Unfall zum Beispiel, oder einem Trauerfall.

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Quelle:
SZ vom 14.08.2018
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